So weit von der Sonne entfernt ist noch kein Komet beobachtet worden, der bei seiner ersten Annäherung an die Sonne „erwacht“: In 23.8 au (Astronomische Einheiten = Abstände Erde – Sonne) oder 3,5 Mrd. km Abstand sonderte im Jahr 2013 Komet C/2017 K2 (PANSTARRS) bereits Gas und Staub ab, obwohl er erst 2022 seinen sonnennächsten Bahnpunkt erreicht. Die laufenden Beobachtungen – dieses Jahr schaute das Hubble Space Telescope genauer hin – versprechen neue Erkenntnisse über die „Funktionsweise“ frischer Kometenkerne, die aus der Oortschen Wolke gefallen sind.
Die meisten Kometen – Konglomerate aus felsigen Bestandteilen und Eis aus der Urzeit des Sonnensystems – werden erst aktiv, wenn sie die Umlaufbahn des Jupiter (5 au) gekreuzt haben: Dann geht ihr wichtigster flüchtiger Bestandteil Wassereis direkt in den Gaszustand über und reißt auch Staubpartikel mit, so dass sich der Kern mit einer Hülle, der Koma, umgibt. Kometen, die bereits in Sonnennähe waren und sich wieder in die Tiefen des Sonnensystems zurückziehen, sind mitunter auch noch jenseits des Jupiter aktiv, weil sie viel Energie in ihrem Inneren speichern konnten: Halley z.B. erlitt und 14 au Sonnenabstand noch einen Aktivitätsausbruch, und der sehr große Hale-Bopp war auch in 25 au Entfernung noch etwas aktiv. Doch Kometen, die mit Temperaturen von nur ein paar Dutzend Grad über dem absoluten Nullpunkt vom Rand des Sonnensystems anreisen, verhalten sich in der Regel lange ruhig. Seltene Ausnahmen wie C/1980 E1 (Bowell), der schon bei 7 au aktiv war, mochten das Wärme produzierenden Umwandlungen ihrer Eisstruktur oder exotischen chemischen Reaktionen verdanken – aber für die extrem frühe und offenbar seither anhaltende Aktivität von C/2017 K2 (PANSTARRS) können eigentlich nur gefrorene extrem flüchtige chemische Verbindungen gesorgt haben, die bereits mit nur ein wenig Wärme der fernen Sonne zu Gasen werden.
Insbesondere die Aufnahmen des Hubble Space Telescope dieses Frühjahr, mit dem Kometen immer noch 15,9 au oder 2,4 Mrd. km von der Sonne entfernt, machen bereits ein detailliertes Szenario wahrscheinlich. Die Staubteilchen in der Kometenkoma sind ziemlich groß, mindestens 1/10 mm: Erkennbar ist dies daran, dass sie der Strahlungsdruck der Sonne nicht nennenswert zur Seite drücken kann. Offensichtlich werden sie bereits seit mehreren Jahren von den superflüchtigen Gasen mit gerissen, die aus dem Kern – Obergrenze des Durchmessers 18 km – ausströmen. Dabei kann es sich um Kohlendioxid, Kohlenmonoxid und molekularen Sauerstoff oder Stickstoff handeln: Das lässt sich noch nicht entscheiden, da der Komet für spektroskopische Untersuchungen noch zu schwach ist. Wie die perfekte Kugelform der inzwischen rund 100000 km großen Koma belegt, ist seine Aktivität jedenfalls ein sehr gleichmäßiger Prozess, der zur Zeit bei Temperaturen von nur 60 bis 70 Grad über dem absoluten Nullpunkt abläuft: In den nächsten Jahren dürften Teleskope unterschiedlicher Art verfolgen, wie mit steigender Temperatur mehr Eissorten ins Spiel kommen.LINKS:
Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1709.10079
UCLA Press Release: http://newsroom.ucla.edu/releases/team-led-by-ucla-astrophysicist-observes-primitive-comet-1-5-billion-miles-from-the-sun
STScI Press Release: http://hubblesite.org/news_release/news/2017-40
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