Die Zwerggalaxien rund um die Milchstraße haben sich bei Messungen des Dwarf galaxies Abundances and Radial-velocities Teams (DART; Helmi et al., Ap.J. 651 [10.11.2006] L121-4) als überraschend metallhaltig – sprich: reich an chemischen Elementen schwerer als Helium – erwiesen: Damit unterscheiden sie sich chemisch markant von jenen »Bausteinen«, aus denen sich die Milchstraße nach gängiger Vorstellung einst gebildet hat. Nun muss man den heutigen Zwerggalaxien natürlich gestatten, sich in den letzten zehn Jahrmilliarden chemisch weiterentwickelt zu haben, aber die DART-Messungen zeigen klar, dass die sich die vier nahen Zwerggalaxien des dSph-Typs Sculptor, Fornax, Sextans und Carina grundsätzlich von den Milchstraßenbausteinen unterscheiden. Zwar sind die untersuchten Zwerge insgesamt metallarm und enthalten alte Sternpopulationen, aber es konnte kein einziger Stern mit einer Metallizität unter [Fe/H] ~ 3 dex aufgespürt werden.
Die Zwerge wurden ergo bereits sehr früh – und überall gleich stark – mit schweren Elementen angereichert, während dies für den Halo der Milchstraße nicht gilt, der mithin nicht aus diesen Galaxien entstanden sein kann. Mögliche Erklärungen wären eine Entstehung der Galaxienbausteine lange vor den Zwerggalaxien, die sich demnach erst vor etwa 12 Mrd. Jahren bildeten, als das intergalaktische Medium bereits angereichert war. Oder die Sternbildungsgeschichte verlief ganz anders in beiden Objekttypen: Weitere chemische Untersuchungen an Zwerggalaxien könnten das klären. Ein fliessender Übergang zwischen Zwerggalaxien und Kugelsternhaufen ist für van den Bergh (Nature 444 [9.11.2006] 157-8) angesichts zahlreicher neuer Entdeckungen besonders winziger Zwerge nicht mehr zu leugnen: Manche Kugelhaufen sind 100-mal leuchtkräftiger als diese Winzlinge. Was ist dann überhaupt noch eine Galaxie? Viel Dunkle Materie in einem Objekt könnte man als entscheidendes Kriterium heranziehen (nie wurde welche in einem Sternhaufen gefunden), aber das ist bei den Zwergen leider kaum zu messen.
Wie eine große; Galaxie gerade aus Bausteinen entsteht, lässt sich bei der »Spiderweb Galaxy« (der Radiogalaxie MRC 1138-262 mit z=2,2) direkt beobachten: Miley et al. (Ap.J. 650 [10.10.2006] L29-32) haben mit Hubble über 10 klumpige Fragmente gesichtet, bei denen es sich offenbar um 1 bis 5 Kiloparsec kleine Galaxien mit Sternbildung handelt, die gerade – d.h.: vor 11 Mrd. Jahren – mit der großen verschmelzen. (Weil sie den Hubble-Beobachtern wie Fliegen in einem Spinnennetz erschienen, haben sie der Galaxie auch ihren Namen gegeben.) Mehrere dieser Galaxien sind markant strichförmig und ähneln jenen fernen Objekten, die man auch in Scharen im Hubble Deep Field findet: Offenbar entstehen sie in solch einer dichten und dynamischen Umgebung besonders gerne. Und weil sie im frühen Kosmos so häufig sind, dürften sie auch eine wichtige Quelle der damaligen Sternbildung sein. Wobei ihre genaue Natur allerdings unklar bleibt und auch zu klären ist, ob es solche »linearen Fliegen« generell rund um wachsende große; Galaxien gibt.
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