Meldungen aus der Forschung

Weitere Verschärfung des Very Large Telescope mit Lasertomografie

Der Kampf gegen die ständige Luftunruhe ist ein fundamentales Problem der Astronomie auf dem Boden, und die Adaptive Optik ist die wichtigste Antwort: Ein rasant deformierter Spiegel im Strahlengang gleicht die Verformungen der kosmischen Lichtwellenfronten wieder aus. Besonders gut gelingt das mit gleich mehreren künstlichen Sternen, die von Lasern an den Himmel gesetzt werden und die Atmosphäre zwischen Teleskop und Universum quasi dreidimensional vermessen: Das neueste System dieser Art – am Very Large Telescope der ESO – hat sich gerade u.a. am Planeten Neptun bewährt. Beteiligt an diesen Tests sogenannter Lasertomografie im Juni waren das 8-Meter-Teleskop Nr. 4 („Yepun“) des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte, sein Instrument MUSE (Multi Unit Spectroscopic Explorer), die Laser Guide Star Facility (4LGSF), die vier künstliche Sterne in 80 bis 100 km Höhe leuchten lässt, und die Adaptive Optik GALACSI (Ground Atmospheric Layer Adaptive Corrector for Spectroscopic Imaging), die speziell auf MUSE zugeschnitten ist.

Tausendmal pro Sekunde wird in ihr ein biegsamer Spiegel neu verformt, aufgrund der Erkenntnisse, die ein Wellenfrontsensor anhand der vier künstlichen Sterne und einem natürlichen über die aktuelle Wirkung der Atmosphäre ermittelt. Wahlweise kann so ein 60 Bogensekunden großes Feld ein bisschen oder ein 7,5″ großes Feld erheblich schärfer gemacht werden. Im Idealfall ist die Bildschärfe in diesem winzigen Stück Himmel – nur 1/3 so groß wie der Planet Mars dieser Tage! – dann fast so hoch wie wenn das Very Large Telescope im Weltraum wäre: In der Praxis erreicht wird eine Winkelauflösung von etwa 0,08 Bogensekunden. Das Instrument MUSE macht davon dann optimalen Gebrauch, in dem für jedes 0,025 Bogensekunden große Pixel gleich ein komplettes Spektrum aufgenommen wird, über 90000 auf einen Streich: Daraus lassen sich am Ende auch wieder (falsch-)farbige Bilder mit beliebigen Farbkombinationen erzeugen.

Der Planet Neptun in leichter Falschfarbdarstellung (beobachtet wurde von 551 bis 920 nm, also ins nahe Infrarote hinein), aufgenommen von MUSE und GALACSI im Tele-Modus: Das Planetenscheibchen hatte da nur 2,3 Bogensekunden Durchmesser. [ESO/P. Weilbacher (AIP)]
Während es beim Bildbeispiel oben nur um die generelle Demonstration der enormen Schärfesteigerung durch GALACSI ging, wurde für das Bild des Planeten Neptun unten auf den Farbtrick zurück gegriffen: Wie Tanya Urrutia vom Leibniz Institut für Astrophysik in Potsdam Abenteuer Astronomie erläuterte, hatte man Bilder in genau jenen Farben aus dem MUSE-Datenwürfel gewonnen, wo der Kontrast der Wolken – durch Wasserabsorption in der Planetenatmosphäre – besonders hoch ist. Ihnen wurden dann die Farben blau bis rot zugeordnet und eine nicht-ganz-echtfarbige Darstellung erzeugt (deren hellblauer Grundton aber tatsächlich dem Anblick Neptuns für das Auge in einem großem Fernrohr entspricht). Die Detailfülle ist faszinierend, aber die Neptunwolken werden auch schon seit 20 Jahren an mehreren Sternwarten mit Adaptiver Optik verfolgt, zuletzt etwa ein neuer großer Sturm letztes Jahr. Könnte man mit MUSE und GALACSI auch Details auf dem Jupiter oder gar der Mondoberfläche ähnlich scharf abbilden? Leider nicht, sagt Urrutia: Für die quasi-perfekte Korrektur des kleinen Gesichtsfelds wird neben den Lasersternen immer auch ein natürlicher Stern benötigt. Beim winzigen Neptun konnte dieser quasi noch selbst die natürliche Referenz bilden, bei großflächigen planetaren Körpern fehlt diese leider.

LINKS:

ESO Press Release: https://www.eso.org/public/news/eso1824
PM des AIP: https://www.aip.de/de/aktuelles/scientific-highlights/neptun-nah-wie-nie-superscharfe-bilder-vom-rand-unseres-sonnensystems
Homepage von GALACSI: https://www.eso.org/sci/facilities/develop/ao/sys/galacsi.html

Daniel Fischer

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