Vielleicht fernstes Himmelsobjekt: Rotverschiebung 9,4

Ein Gamma Ray Burst (GRB) vom April 2009 hat – wie erst jetzt die mühsame Analyse seiner damaligen Beobachtungen ergeben hat – vermutlich eine so hohe Rotverschiebung, dass er sich mit einer kürzlich publizierten Galaxie mit einem Wert um 10 um den Titel des fernsten bekannten Himmelsobjekts streiten kann. Bedauerlicherweise gibt es weder von der Galaxie noch dem GRB so gute Spektren, dass man daraus direkt die Rotverschiebung ihres Lichts und (per kosmologischer Umrechnung) ihre Entfernung ablesen kann: Lediglich durch Helligkeitsvergleiche in verschiedenen Farbfiltern lässt sich die Rotverschiebung abschätzen, die zwar etablierte aber ungenaue Technik der »photometrischen Rotverschiebung«. Und so kommt es, dass sich die möglichen Rotverschiebungen der beiden Objekte überlappen – und die Wahrscheinlichkeit bei immerhin 1:4 liegt, dass der GRB 090429B knapp »gewinnt«. Auf jeden Fall ist es der fernste bisher gesichtete Gamma Ray Burst, der den GRB 090423 mit ca. 8,2 in die Schranken verweist, dessen Strahlung die Erde kurioserweise nur sechs Tage früher erreicht hatte. Die Rotverschiebung von GRB 090429B wird jetzt zuversichtlich mit 9,38 angegeben und liegt mit 90% Wahrscheinlichkeit zwischen 9,1 und 9,5: Das entspricht einer Lichtlaufzeit von 13,1 Milliarden Jahren bzw. einem Ereignis nur rund 520 Mio. Jahre nach dem Urknall.

Zwar wurde eine enorme Rotverschiebung dieses Gamma Ray Bursts schon von Anfang an vermutet, denn das optische Nachglühen dieser kosmischen Explosion – vermutlich beim Untergang eines extrem massereichen Sterns – war nur im nahen Infraroten zu sehen und nicht im sichtbaren Licht. Allerdings ist solch ein »Drop-Out« zwar ein starker Hin- aber noch kein Beweis: Auch Staub in der Sichtlinie kann denselben Effekt haben und auch einen Gammaburst mit einer Rotverschiebung von »nur« etwa 3 genau so erscheinen lassen. Dummerweise wurde der Versuch, mit einem Großteleskop ein Spektrum des rasch verblassenden Nachglühens aufzunehmen, in der einen möglichen Nacht durch einen Sturm über dem Mauna Kea vereitelt: Andere Methoden wurden nötig, um die Entfernung der Quelle einzugrenzen. Ein wesentlicher Test waren schließlich Beobachtungen des Himmelsfeldes mit dem Hubble Space Telescope: An der Stelle des lange vergangenen GRB war nicht die geringste Spur einer Galaxie zu sehen. Das zeigte, dass der Burst aus enormer Distanz gekommen sein musste: Seine Heimat dürfte eine der ersten Galaxien überhaupt gewesen sein, schon mit intensiver Sternbildung. Ob der GRB 090429B sogar der allerersten Sternpopulation (»Population III«) zugeschrieben werden kann, ist allerdings nicht klar. Jedenfalls war seine Explosionsenergie typisch auch für nähere Gammabursts, so dass der explodierte Stern nichts Besonderes gewesen zu sein scheint.

Daniel Fischer

Pressemitteilung und Veröffentlichung:
www.science.psu.edu/news-and-events/2011-news/Fox5-2011
Die Galaxie mit Rotverschiebung 10:
www.oculum.de/newsletter/astro/100/30/0/130.fl4re.asp#6
Der GRB mit Rotverschiebung 8:
www.oculum.de/newsletter/astro/000/80/4/84.df7it.htm#2

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