Schlüsselstadium bei Gasriesen-Geburt beobachtet

Vergleichsbild von ALMA-Beobachtungen und künstlerischer Darstellung der Scheibe und der Gasströme um HD 142527. Der Staub in der äußeren Scheibe ist rot, das dichte Gas in den Strömen und in der äußeren Scheibe grün und das diffuse Gas in der zentralen Lücke blau abgebildet. Die Gasfilamente, die von der äußeren Scheibe in Richtung Zentrum fließen, sind auf der Drei- und der Zehnuhrposition zu erkennen. [ALMA ESO/NAOJ/NRAO/M. Kornmesser (ESO), S. Casassus et al.]

Wenn es um die Deutung der Entstehungsgeschichte der großen Gasplaneten geht, konkurrieren zwei Modelle mit unterschiedlichen Ansätzen miteinander. Einerseits die Kern-Aggregations-Hypothese und andererseits die Scheiben-Instabilitäts-Hypothese. Nach dem Modell der Kern-Aggregations-Hypothese bilden sich in der um den jungen Zentralstern rotierenden protoplanetaren Scheibe aus Gas und Staub durch Kollisionen von Planetesimalen zuerst Verdichtungen aus den festen, also felsigen und metallischen Bestandteilen, aus denen dann die Kerne der Riesenplaneten entstehen. Diese ziehen erst ab ihrer Herausbildung das umgebende Gas an. Lücken innerhalb der protoplanetaren Gasscheibe entstehen in unmittelbarer Umgebung der Geburtsstätte der jungen Planeten. Im Gegensatz dazu bilden sich unter der Annahme der Scheiben-Instabilitäts-Hypothese in der Akkretionsscheibe lokale Instabilitäten, deren Gas und Staub ab einer bestimmten Massekonzentration unter der eigenen Anziehungskraft kollabieren. Nun ist es erstmals gelungen, ausgedehnte Gasströme bei der Überwindung einer Lücke in der Materiescheibe direkt zu beobachten. Eine Untermauerung der Vorhersagen der Kern-Aggregations-Hypothese? Derartige Gasströme, die sich während der aktiven Wachstumsphasen der Protoplaneten ausbilden, sind wesentliche Elemente in den Erklärungsansätzen zur Entstehungsgeschichte von Gasriesen und bilden somit eine Art von »Schlüsselstadium«. Die Existenz der Gasströme wurde also schon länger angenommen, allerdings noch nicht beobachtet.

In dem sich bildenden Planetensystem um den 450Lj entfernten jungen Stern HD 142527 in Lupus (Wolf) wurden mit Hilfe von Submillimeter-Beobachtungen diffuse Gasrückstände in der Lücke innerhalb der Gas- und Staubscheibe sowie zwei dichtere Gasströme nachgewiesen, die aus dem äußeren Bereich der Scheibe über die Materielücke in den inneren Teil fließen. Im inneren Teil verbergen sich vermutlich die beiden Planetenembryonen, die jeweils einen dieser beiden Gasströme verursachen und durch stetes Aufsammeln dieses einfallenden Materials an Größe gewinnen. Die Tatsache, dass sich die Lücke nicht komplett materiefrei präsentiert, lässt den Schluss zu, dass sie durch substellare Körper verursacht ist. Wäre der Leerraum durch einen massiveren Körper, wie beispielsweise einem zweiten Stern im System verursacht worden, hätte dieser die Lücke von sämtlichen Gasresten befreit. Die Bestimmung der Menge des zurückgebliebenen Gases machte die Eingrenzung der Objektmassen, die die Lücke freiräumen, möglich. Auch der Zentralkörper des Systems befindet sich noch in der Wachstumsphase und zieht daher beständig Material aus dem inneren Bereich der protoplanetaren Scheibe ab. Allerdings sollte sich ohne entsprechenden Nachschub der innere Teil der Scheibe schon vor langer Zeit erschöpft und so den jungen Stern im Zentrum von weiterem Wachstum abgeschnitten haben. Dass dieses Szenario nicht eingetreten ist, verdankt der Stern seinen beiden Gasplaneten, die nicht den gesamten Anteil der durch die Gasströme mitgeführten Materie binden können. Ein Teil des Gases, und zwar Modellrechnungen zur Folge genau die Rate, die notwendig ist, um den Verlust durch das Wachstum des Sterns zu ersetzen, strömt an ihnen vorbei in den inneren Bereich der Scheibe um den Stern. Um genauere Eigenschaften der Planeten, wie beispielsweise ihre genauen Einzelmassen zu bestimmen, reicht das momentane Auflösungsvermögen des Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) noch nicht aus. Die Lösung dieser Frage muss also bis zu seiner endgültigen Fertigstellung aufgeschoben werden.

Lars-C. Depka

ESO-Pressemitteilung:
www.eso.org/public/germany/news/eso1301
Originalarbeit::
www.eso.org/public/archives/releases/sciencepapers/eso1301/eso1301a.pdf

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