Jeder dürfte schon einmal dem »Stimmgabel-Diagramm« begegnet sein, in dem Edwin Hubble 1936 die meisten Galaxientypen sortierte: In diesem auch Hubble-Sequenz genannten Schema bildete der Griff der Gabel die elliptischen Galaxien, ganz am Ende die kugelförmigen, zur Mitte hin die abgeplatteteren »linsenförmigen«, und die beiden Zinken bestanden aus Spiralgalaxien mit bzw. ohne Balken, sortiert nach dem Grad der Aufwicklung ihrer Arme. Die irregulären Galaxien blieben außen vor. Die Galaxien im Griff nannte Hubble »vom frühen Typ«, womit er kein größeres Alter als bei den Spiralen meinte sondern nur die Stellung im waagerecht gezeichneten Diagramm – und heute sieht man diese Early Type Galaxies (ETG) auch eher als Endzustand der Galaxienentwicklung. Doch das ist auch nicht das ganze Bild, und ein einfaches Drehen des Stimmgabelgriffs nach rechts ebenso wenig eine Lösung wie andere in den letzten Jahrzehnten vorgeschlagene Modifikationen der Hubble-Sequenz. Unter den »frühen« Galaxientypen gibt es nämlich langsam und schnell rotierende Exemplare, und letztere sind mit den Spiralgalaxien viel enger verwandt als man das mit der klassischen Stimmgabel visualisieren könnte.
Die schnell rotierenden ETG, immerhin 66% von 260 im Detail untersuchten Exemplaren und durchweg vom linsenförmigen Typ, erweisen sich praktisch als Spiralgalaxien ohne Arme. Daher gibt es nun einen neuen Versuch zur Sortierung der Galaxien, gewissermaßen in der Form eines Kamms , wobei die ETG das Rückgrat bilden und von der Seite dargestellt werden, um den Grad der Abplattung zu zeigen. Auf die Spiralen wird dagegen schräg geschaut. Das langsam rotierende Drittel der ETG – die klassischen Elliptischen – bildet nun den Griff, und drei Zinken bestehen jeweils aus unterschiedlich dicht gewickelten Galaxien, deren Spiralstruktur mit zunehmenem Abstand vom Griff immer deutlicher hervor tritt. Dabei wird zwischen die linsenförmigen S0a bis S0c und die ausgeprägten Spiralen Sa bis Sc jeweils ein »anämischer«, also blutarmer, Galaxientyp Aa bis Ac gesetzt, entliehen aus einer unpopulären Variante der Stimmgabel von 1976: Diese Galaxien enthalten nur wenig Gas, so dass ihre Spiralarme kaum zu erkennen sind. Das neue Schema muss sich noch in der Praxis bewähren, aber es ist auf jeden Fall physikalischer als die klassische Stimmgabel.
Daniel Fischer
arxiv.org/abs/1104.3545 |
www.ing.iac.es/PR/press/atlas3d.html |
www.astron.nl/about-astron/press-public/news/atlas3d-project-replacing-handle-hubbles-tuning-fork/atlas3d-project- |
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