»Mechanismus von Antikythera« entpuppt sich als kompler Finsternisrechner – vor über 2100 Jahren!

»Mechanismus von Antikythera«
»Mechanismus von Antikythera«

Modernste Untersuchungstechniken, profundes Wissen über die Komplexitäten der Mondbahn und etwas Fantasie scheinen jetzt die Entschlüsselung eines der sonderbarsten Fundstücke der Archäologie entscheidend vorangebracht zu haben: Der vor rund 2150 Jahren – vermutlich auf Rhodos – konstruierte »Mechanismus von Antikythera«, der 1901 in einem römischen Schiffswrack gefunden wurde, war offenbar ein aufwändiger Apparat zur Vorhersage von Mond- und Sonnenfinsternissen, der das astronomische Wissen der griechischen Antike mit 37 Zahnrädern praktisch umsetzte. Zwar sind nur noch 30 Räder oder Reste davon vorhanden, aber die Zahl ihrer Zähne sowie ihre relative Montage nebst ausgeklügelten Hebelmechanismen – dank neuer Computertomografie besser denn je zu erkennen – passen erstaunlich gut zum damaligen Wissen über die Mondbahn und die Rhythmen, die hinter der Wiederkehr von Finsternissen stecken. Wobei die Mathematik mit so wenig Technik wie möglich umgesetzt wurde.

Zyklen, die man bereits in Babylonien etablierte, finden Freeth et al. (Nature 444 [30.11.2006] 587-91) in dem Räderwerk ebenso wieder wie Hipparcos‘ Theorie der aufgrund ihrer Elliptizität irregulär erscheinenden Mondbahn: Ihre Analyse gilt bereits als »neuer Standard für weitere Forschung« und ersetzt frühere Rekonstruktionsversuche (Charette, ibid. 551-2). Der Apparat, der vermutlich mit einer Handkurbel bedient wurde und sogar Spuren einer Gebrauchsanweisung erkennen lässt (über 2000 Buchstaben lassen sich jetzt entziffern), offenbart demnach einen unerwarteten Grad technischer Ausgereiftheit – der aber z.B. nicht zur Konstruktion präziser mechischer Uhren führte. Vermutlich sah man schlicht keinen Grund dafür und beschaffte sich Mechanismen wie den den Antikythera schlicht aus intellektuellem Interesse oder als Statussymbol (Marchant, ibid. 534-8). Auch verliert sich die Spur dieses profunden Wissens gleich wieder, doch das muss nicht heissen, dass es tatsächlich verloren ging: Vielleicht wurde es ausschliesslich mündlich überliefert, in Arabien konserviert – und tauchte erst im europäischen Mittelalter in der Konstruktion komplizierter astronomischer Uhren wieder auf?

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