Löst sich Jupiters Kern langsam auf?

Impression der Sonde Juno beim Jupiter, den sie 2016 erreichen soll. Primär wird sich die Sonde der Atmosphärenforschung widmen und dabei auch die Anreicherung unterschiedlicher Atmosphärenschichten mit schweren Elementen untersuchen [NASA/JPL]

Warum scheint der Kern des größten Planeten des Sonnensystems kleiner und seine Atmosphäre reicher an schweren Elementen zu sein, als dies Vorhersagen nach dem Standardmodell der Planetenentstehung erlauben? Gasgiganten wie Jupiter oder auch Saturn beginnen in Folge des Modells ihr Dasein als solide Körper aus Gestein und Eis. Nachdem sie in der sogenannten »Runaway-Wachstumsphase« durch Kollisionsereignisse dann etwa zehn Erdmassen erreicht haben, sind die protoplanetaren Schwergewichte in der Lage, ihre Umgebung gravitativ zu dominieren und so im Wege des »oligarchischen Wachstums« weitere feste Materie sowie auch Gas aus der protoplanetaren Scheibe zu akkretieren. Am Ende dieser Entwicklung sind die Kerne dann von einer mächtigen – im Falle von Jupiter – Wasserstoffatmosphäre umgeben. Kurioserweise kamen in den vergangenen Jahren eine Anzahl von Studien zu dem Ergebnis, dass Jupiters Kern um einiges leichter als die vorhergesagten zehn Erdmassen zu sein scheint, während sein kleinerer Bruder Saturn in seinem Kern bis zu 30 Erdmassen vereinigen könnte.

Die unverträgliche innere Leichtigkeit und das gehäufte Vorhandenseins von schweren Elementen in der Jupiteratmosphäre führt zu einer fatalen Hypothese, die elegant beide Phänomene zu erklären vermag: Jupiters Kern löst sich seit Formung des Planeten vor 4,5 Mrd. Jahren langsam aber beständig auf. Verantwortlich für die Auflösungserscheinungen sind demnach die übermäßigen Extrembedingungen im Kernbereich des Planeten, die sonst nirgends im Sonnensystem denen der Sonne so ähneln wie hier. Durchgreifende Drücke von rund 40 Millionen Atmosphären und Temperaturen von etwa 20000°C führen im Planeteninneren dazu, dass der Kern geradezu in die umgebene Atmosphäre diffundiert. Mit zunehmender Tiefe geht wegen dieses hohen Drucks der Wasserstoff vom gasförmigen zum flüssigen Aggregatzustand über. Es gibt dabei keinen Phasenübergang zwischen den Aggregatzuständen, da der Druck in den Tiefen des Planeten jenseits des kritischen Punktes ansteigt. Unter diesen Bedingungen ist die Unterscheidung zwischen Gas und Flüssigkeit nicht mehr möglich, warum auch keine exakte Oberfläche als Grenzfläche definiert werden kann. In einem Laserexperiments am National Ignition Facility (NIF) des Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien, welches annähernd einen entsprechenden Druck simuliert, gleichzeitig allerdings aber ein Vielfaches der Temperatur von 20000°C erreicht, verhielt sich Magnesiumoxid (MgO), von dem angenommen wird, dass es einen nicht unerheblichen Anteil am Planetenkern ausmacht, dann auch tatsächlich genau so. Es löste sich wie Salz in einem Glas warmen Wasser auf. Durch Konvektionsströme gelangen die gelösten Elemente dann wohl in höhere Atmosphärenschichten. Da der etwas kleinere Saturn nur rund ein Drittel der Jupitermasse aufweist, sind in seinem Inneren die Gegebenheiten nicht mit denen Jupiters vergleichbar. Dies ist der Grund, warum dann auch allem Anschein nach der kleinere Bruder ein wesentlich massereicheres Innenleben besitzt.

Lars-C. Depka

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1111.6309

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