Komische Entfernungsleiter wieder etwas »trittsicherer« geworden

Es war eine schier endlose Saga gewesen, fast 75 Jahre von der Entdeckung der »Flucht der Galaxien« durch Edwin Hubble und seinen Vorgängern in den 1920-er Jahren bis zum Endergebnis des H0 Key Projects 1999/2000, bei dem die Expansionsrate ein für alle Mal festgeklopft werden sollte, durch Jahre währende Messungen mit dem (aus v.a. diesem Grund so getauften) Hubble Space Telescope (HST). Die Antwort war 72±8 km/s/Mpc gewesen, allerdings mit einem Schönheitsfehler: Alles hing letztlich von der Distanz zur Große;n Magellanschen Wolke ab, die damals ziemlich umstritten war. Das Key Project hatte sich kurzerhand für 50 Kiloparsec oder 163 000 Lichtjahre entschieden, obwohl eine geringere Distanz der LMC – und damit höhere Hubblekonstante – damals immer wahrscheinlicher geworden waren (Fischer, Skyweek 17 [2/2001] 3-6). Jetzt rundet sich das Bild weiter ab, dank trigonometrischer Entfernungsbestimmungen von Cepheiden in unserer Milchstraße mit den Fine Guidance Sensors (FGS) des HST durch Benedict et al. (Astron. J. 133 [April 2007] 1810-27), die die untersten Stufen der Kosmologischen Entfernungsleiter sicherer denn je gemacht haben.

77 429 Quasare im neuesten Katalog der Sloan Digital Sky Survey
Es sind 30 000 mehr als in der vorherigen Version, und 96% der Objekte sind eigene Entdeckungen: Der SDSS Quasar Catalog IV ist fertig, eines von vielen Produkten der gigantischen Himmelsdurchmusterung. Die Quasare haben Rotverschiebungen von z = 0,08 bis 5,51, wobei 891 z>4 und 36 sogar z>5 haben; erfasst sind nun 5740 Quadratgrad des Himmels. Die Hälfte der Quasare hat eine Helligkeit über 19mi, fast alle sind heller als 21mi.

Die FGS dienen eigentlich dazu, das HST millibogensekundengenau im Raum auszurichten, bewähren sich aber schon lange auch als superpräzise astrometrische Messgeräte. Jeweils auf ±0,2 Millibogensekunden genau oder besser konnten mit ihnen die Parallaxen von neun Cepheiden in der Milchstraße von 1,9 bis 3,1 Millibogensekunden vermessen werden, womit sich direkt ihre Entfernungen zwischen 320 und 520 parsec oder 1000 bis 1700 Lichtjahren ergeben: Mit diesen neun sowie dem Prototypen dieser pulsierenden Sternklasse, Delta Cephei, entstand die bestgesicherte Perioden-Leuchtkraft-Beziehung, die es je gab. »Dieses Resultat hat mich mehr erregt,« sagt Benedict, »als jedes andere in meiner 35-jährigen Karriere.« Denn mit der neuen Beziehung lassen sich nun wiederum Distanzen zu anderen Galaxien bestimmen, inbesondere der Große;n Magellanschen Wolke: 48±1 kpc oder 156 000±4000 Lichtjahre.

Das Hubble Key Project hatte seinerzeit das Cepheiden-Gesetz an der LMC geeicht (weil alle Cepheiden in der Milchstraße für direkte Distanzmessungen zu weit entfernt waren) und damit wiederum die Entfernungen von 31 nahen Galaxien bestimmt: Diese hatte man schliesslich benutzt, um fünf spezielle Entfernungsindikatoren zu eichen, die auch bei sehr fernen Galaxien gemessen werden können, die schon voll im »Hubble-Fluss« der kosmischen Expansion schwimmen – daraus ergibt sich das Expansionsgesetz. Das FGS-Cepheidengesetz unterscheidet sich erfreulicherweise fast nicht vom 2000 verwendeten des H0 Key Projects, so dass auch dessen Ergebnis von rund 72 km/s/Mpc praktisch bestehen bleibt. Und früher noch nagende Diskrepanzen lösen sich zugleich in Luft auf: zum Beispiel die Distanzbestimmung der Galaxie NGC 4258, für die es dank Karussell fahrender Wassermaser auch eine direkte geometrische Entfernungsbestimmung von 7,2±0,3 Mpc gibt. Früher schienen Cepheiden eine deutlich grössere Distanz zu liefern, was erheblich an ihrer Eichung und damit dem Resultat des Key Project zweifeln liess. Aber nach neuester HST-Cepheidenphotometrie ist NGC 4258 exakt 150-mal so weit entfernt wie die LMC: Macht … 7,2±0,2 Mpc!

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