Wie groß ist die Gefahr für die Erde durch noch nicht katalogisierte Kleinplaneten, die im Prinzip mit der Erde zusammenstoßen könnten, den NEAs (Near-Earth Asteroids)? Wenn man so will, sind wir heute viel „sicherer“ als noch vor zehn Jahren, als die „Spaceguard Survey“ Fahrt aufnahm, mit dem Ziel, 90% aller NEAs bis zu einer Größe von einem Kilometer hinab zu finden. Bis Mitte Juli 2008 haben mehrere Suchprogramme zusammen knapp 750 solcher Groß-NEAs aufgespürt, deren Impakt wegen viel aufgewirbelten Staubs die gesamte Zivilisation bedrohen würde. Die Gesamtzahl der infrage kommenden Asteroiden mit mehr als 1km Durchmesser liegt nach verschiedenen Hochrechnungen etwas unter 1000, womit bisher rund 80-85%entdeckt sind: Das Spaceguard-Ziel ist zum Greifen nahe. Und weil keiner dieser NEAs in den kommenden Jahrhunderten die Erde treffen wird, ist ein Großteil des von ihnen repräsentierten Risikos für die Menschheit nunmehr „in den Ruhestand geschickt“ worden, wie man in der NEA-Szene sagt. Aber was ist mit den kleineren NEAs, die immer noch Großstädte und kleine Länder verwüsten könnten? Im Jahre 2003 definierten Astronomen 140 Meter als die nächste Untergrenze, bis zu der man 90% aller NEAs finden möge, und der US-Kongress machte sich dieses Ziel 2005 in einer (nicht bindenden) Resolution zu eigen.
2007 kam jedoch eine – seither heiß umstrittene – NASA-Studie indes zu dem Befund, dass die Erweiterung der Spaceguard Survey auf die drastisch mehr deutlich kleineren NEAs Milliarden von Dollars kosten würde. Alle laufenden Suchprogramme zusammen haben schließlich bis heute nur 5500 NEAs aller Größen aufgespürt, statt der (wie man damals dachte) hunderttausend bis zur neuen Untergrenze: Erheblich größere Teleskope, womöglich gar im Weltraum, könnten nötig werden. Dafür standen die Mittel nicht zur Verfügung, und das Problem der NEAs unter 1 km schien ungelöst und bedrohlich zu bleiben. Doch eine Reihe neuer Studien zur Gesamtpopulation der NEAs sieht deutlich weniger dieser Körper im kritischen Intervall: Zwei Drittel des Risikos durch Körper zwischen 50 und 500 Metern könnte sich einfach in Luft aufgelöst haben. Wenn diese Delle in der NEA-Statistik wirklich existiert: Alan Harris, der ihn jüngst in Nature betonte, gibt sich gegenüber interstellarum vorsichtig: Wenn Entscheidungen über hunderte Millionen Dollar auf dem Spiel stehen, sollte einem das schon 100000 Dollar für weitere Studien wert sein. Und die möge auch jemand anderer bekommen, der mit unabhängigen Methoden arbeitet. Man müsse sich allmählich fragen, wie weit man das Restrisiko eigentlich nach unten treiben will, findet Harris, angesichts explodierender Kosten bei sinkendem Asteroidendurchmesser: In dieser Frage gehen heute die Meinungen in der NEA-Szene erheblich auseinander. Neue riesige Himmelsdurchmusterungen nach Objekten aller Art mit den Teleskopen PanSTARRs und LSST sollten indes als Nebenprodukt einen gewaltigen NEA-Katalog liefern, so dass sich – wenn auch in Jahrzehnten statt 10 Jahren – die Frage eines Tages von selbst erledigen wird.
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