Interstellarer Gast ʻOumuamua erstaunlich länglich

Vielleicht ist er derart länglich wie in dieser künstlerischen Darstellung, vielleicht auch nur 4-mal so lang wie dick: Alle Erkenntnisse über die Gestalt von 1I/ʻOumuamua basieren auf Analysen von Lichtkurven, die sich etwas widersprechen. [Gemini Observatory/AURA/NSF; Bild von Joy Pollard]

Der Monat seit der Entdeckung des ersten interstellaren Asteroiden ist intensiv genutzt worden: So ziemlich alle Großteleskope sind auf 1I/ʻOumumamua gerichtet, über ein Dutzend Forschungsarbeiten schon geschrieben und die physischen Eingeschaften des längst wieder dem Sonnensystem entfliegenden Gastes ein wenig klarer geworden.

Bereits wenige Tage, nachdem die Hyperbelnatur der Bahn des Himmelskörpers – die Exzentrizität liegt nach der letzten Analyse bei 1,19 – keinen Zweifel mehr an einer Herkunft von jenseits des Sonnensystems ließ, hat die Internationale Astronomische Union für derartige Besucher die neue Kategorie „I“ eingeführt und das erste Exemplar zu 1I/ʻOumuamua gemacht. Nicht ohne nachfolgende Kontroversen, ist der Großbuchstabe I doch leicht mit einer 1 oder einem kleinen L zu verwechseln – und den Namen mit einem polynesischen stummen Konsonanten, einem ʻOkina (kein Apostroph!), beginnen zu lassen, sorgte auch für einige Diskussion. Derweil verblasste der Himmelskörper selbst rapide am Himmel, ist er doch bereits wieder 1,98 au von der Sonne (und 1,36 au von der Erde) entfernt: Die Gesamtheit der gesammelten Daten – Astrometrie, Fotometrie und Spektroskopie – ist überschaubar. Niemand hatte auch näher an der Sonne irgendeine Kometen-Aktivität festgestellt, was aber Eis in der Tiefe keineswegs ausschließt – ob es sich um einen Asteroiden oder einen stillen Kometenkern handelt, bleibt ungeklärt.

Eine von mehreren publizierten Lichtkurven von ʻOumuamua, von mehreren Großteleskopen durch diverse Filter; die horizontalen Linien haben je eine Größenklasse Abstand. Daraus lassen sich Rotationsperiode wie Achsenverhältnis des Körpers abschätzen (die gestrichelte Kurve ist für ein Ellipsoid mit den Achsenverhältnissen 10:1:1) – zur Lichtkurve können aber auch markante Helligkeitsunterschiede auf der Oberfläche beitragen. [ESO/K. Meech et al.]
Aus Lichtkurven von ʻOumuamua (die wohl beste in der Grafik unten) ist in diversen Analysen auf eine Rotationsperiode von 7,3 bis 8,3 Stunden geschlossen worden – und die Amplitude ist erheblich: Verschiedene Modellierungen kommen daraus auf ein Verhältnis von Länge zu Dicke von 4:1 bis 7:1, eine sogar auf mindestens 10:1, was für die künstlerische Darstellung oben verwendet wurde. Die Farbe des Asteroiden tendiert ins Rötliche, was zu Himmelskörpern aus dem äußeren Sonnensystem passen würde – nur die Bahn ʻOumuamuas nicht: Kein irgendwie plausibler Störmechanismus könnte einen Körper dort auf so hohe Geschwindigkeit bringen. Einem anderen Stern oder auch nur Sternentstehungsgebiet, aus dem der gekickt wurde, lässt er sich zwar nicht eindeutig zuschreiben, aber der eine Fund in Sonnen- und Erdnähe läd zu Hochrechnungen ein: Die Milchstraße ist demnach voll von solchen Irrläufern, zu jedem Zeitpunkt sollten 10000 der Sonne näher als der Neptun sein – und die nächste große Himmelsüberwachung, das Large Synoptic Survey Telescope, könnte einen pro Jahr entdecken.

LINKS:
Mitteilung der Taufe: https://www.minorplanetcenter.net/mpec/K17/K17V17.html
Paper zur Suche nach der Herkunft: https://arxiv.org/abs/1711.06618
ESO Release mit Paper zu den Eigenschaften: http://www.eso.org/public/news/eso1737
Paper mit alternativen Ergebnissen: https://arxiv.org/abs/1711.05687
Neueste Bahn-Analyse: https://www.minorplanetcenter.net/mpec/K17/K17W75.html

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*