Hubble-Konstante wieder genauer: nur noch 5% Unsicherheit

Ein Hubble-Bild von NGC 3021, einer der Schlüsselgalaxien im neuen Projekt zur präziseren Bestimmung der Hubblekonstanten: Hier gab es — 1995 — eine ebenso unproblematische wie gut beobachtete Supernova des Typs Ia, und hier kann Hubble zahlreiche Cepheiden ausmachen (grüne Kreise). Mit Hilfe der letzteren wird die Entfernung der Galaxie bestimmt — und damit die Absoluthelligkeit der Supernova, deren Verwandte man wiederum noch in wesentlich weiter entfernten Galaxien findet, die schon voll im »Strom« der kosmischen Expansion liegen. [NASA, ESA und A. Riess (STScI/JHU)]
Ein Hubble-Bild von NGC 3021, einer der Schlüsselgalaxien im neuen Projekt zur präziseren Bestimmung der Hubblekonstanten: Hier gab es — 1995 — eine ebenso unproblematische wie gut beobachtete Supernova des Typs Ia, und hier kann Hubble zahlreiche Cepheiden ausmachen (grüne Kreise). Mit Hilfe der letzteren wird die Entfernung der Galaxie bestimmt — und damit die Absoluthelligkeit der Supernova, deren Verwandte man wiederum noch in wesentlich weiter entfernten Galaxien findet, die schon voll im »Strom« der kosmischen Expansion liegen. [NASA, ESA und A. Riess (STScI/JHU)]
Erinnern Sie sich noch? Es gab eine Zeit, kein Vierteljahrhundert ist es her, da wurde in der Kosmologie vor allem um eine Zahl gerungen, die Expansionsgeschwindigkeit des Alls, die Hubble-Konstante.

Bekanntlich ist die »Fluchtgeschwindigkeit« einer Galaxie einfach proportional zu ihrer Entfernung, doch die Konstante war das Problem. Zwei Lager standen sich unversöhnlich gegenüber: Die einen favorisierten einen Wert in der Nähe von 50km/s/Mpc, die anderen nahe 100km/s/Mpc, und die Fehlerbalken berührten einander nicht einmal — ein klares Zeichen für schwere systematische Probleme auf einer oder beiden Seiten. Von Anfang an gehörte die Bestimmung der Hubble-Konstanten, und zwar auf 10% genau, zu den zentralen Aufgaben für das Hubble Space Telescope, und zehn Jahre nach seinem Start — die anfänglichen Optikprobleme hatten den Messbeginn verzögert — lag das Ergebnis des »H0 Key Project« vor: mit 72±8km/s/Mpc ziemlich genau zwischen den beiden ursprünglichen Lagern und annähernd so präzise wie erhofft. Zwei Schritte waren dazu nötig gewesen: Die relativen Distanzen von weit entfernten Galaxien, deren »Flucht« von uns fort von der kosmischen Expansion dominiert wird, wurden anhand von einem halben Dutzend Eigenschaften bestimmt, die man noch in riesigen Abständen messen kann, den Helligkeiten bestimmter Supernovaexplosionen beispielsweise. Und die absolute Entfernungsskala wurde anhand der bekannten Cepheiden-Veränderlichen geeicht, die freilich selbst Hubble nur in nahen Galaxien — und insbesondere der Großen Magellanschen Wolke — beobachten kann.

Weitere zehn Jahre später gibt es nun die ersten Ergebnisse eines neuen und ähnlich aufwändigen Projekts, mit Hubble die Konstante noch genauer zu messen. Als »Standardkerzen« für Galaxien des fernen Kosmos verwendet »SHOES« (Supernovae and H0 for the Equation of State) ausschließlich Supernovae des Typs Ia, deren absolute Maximalhelligkeit bei Kenntnis ihres Lichtkurvenverlaufs sehr genau berechnet werden kann. Und zur Eichung dienen jene Handvoll Galaxien in der Nähe unserer eigenen, in denen solche Supernovae sorgfältig — und mit modernen Detektoren — beobachtet wurden und gleichzeitig Hubble die Lichtkurven von Cepheiden messen kann. Deren absolute Helligkeit steht bekanntlich in einem festen Verhältnis zur Periode ihrer Pulsationen, wobei allerdings die Chemie eine Rolle spielt. In zwei faszinierenden Arbeiten mit zusammen 130 Seiten machen die SHOES-Autoren um den prominenten Kosmologen Adam Riess plausibel, dass sie die Hubble-Konstante nun tatsächlich mindestens doppelt so genau berechnen können wie das alte Key Project: 74,2±3,6km/s/Mpc ist ihr Ergebnis. Diese Zahl ist nicht nur angesichts des jahrzehntelangen Ringens um sie von Interesse: Aus völlig anderen Messungen der modernen Kosmologie — mit Dunkler Materie und Dunkler Energie — folgt nämlich ebenfalls ein Wert für die Hubblekonstante, mit dem der direkt gemessene verglichen werden kann. Zahlreiche exotische Ideen sind durch das SHOES-Ergebnis bereits ausgeschlossen, das in kommenden Jahren noch schärfer werden dürfte (Hauptproblem ist die Seltenheit von Ia-Supernovae in Cepheiden-Galaxien). Womit auch immer härtere Aussagen über die geheimnisvolle Natur der Dunklen Energie möglich werden: Die aktuelle SHOES-Zahl ist mit Einsteins Kosmologischer Konstante verträglich, erlaubt aber auch noch andere Physik.

Daniel Fischer

Die SHOES-Arbeiten: arxiv.org/abs/0905.0697 und arxiv.org/abs/0905.0695
Endergebnis des Key Project: arxiv.org/abs/astro-ph/0012376
Pressemitteilung zu SHOES: hubblesite.org/newscenter/archive/releases/2009/08/full

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