»Citizen Science«, wenn sich Laien – meist in Scharen – über wissenschaftliche Daten hermachen oder sie gar selbst gewinnen, dies nimmt eine immer größere Bedeutung in einigen Wissenschaften ein. Dort werden mehr Information produziert als die Berufsforscher selbst bewältigen können, und die Astronomie ist oft an vorderster Front. Das Spektrum der möglichen Betätigungen reicht dabei von einfachem Identifizieren oder Klassifizieren von Objekten in professionellen Datensätzen über die Entwicklung eigener Methoden, um mit diesen Daten optimal arbeiten zu können bis hin zu klassischer systematischer Amateurastronomie, z.B. bei der Überwachung Veränderlicher Sterne.
Da die Astronomie in der Big-Data-Ära zunehmend auf solche freiwilligen Helfer angewiesen ist, interessiert man sich zunehmend auch für deren Befindlichkeit und jene Umstände, in denen Citizen Science schon erfolgreich gewesen ist. In einer großen Bestandsaufnahme hat sich herauskristallisiert, dass eine enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und Laien wesentlich und dank moderner Internet-Kommunikation auch immer leichter möglich ist. Die Laien werden vor allem von dem Wunsch motiviert, tatsächlich spürbare Beiträge zur Wissenschaft zu leisten, und das wiederum am liebsten in virtuellen Teams. Bloße Spielereien oder gar inszenierte Wettbewerbe untereinander lenken dagegen eher ab oder wirken sogar kontraproduktiv.
Als herausragende Vorteile der Amateur- gegenüber Profiastronomen erweisen sich mehr zur Verfügung stehende Zeit, höhere Flexibilität beim Beobachten und oft auch größerer Überblick. Amateure sind – egal ob mit eigenem Instrument oder bei der Massenauswertung von Profidaten – frei in der Wahl ihrer Fragestellungen. Dies führt einerseits zu bedeutenden Entdeckungen (Stichwort »Hanny‘s Voorwerp«) und andererseits zu originellen Lösungen von Problemen bei der Datenauswertung (z.B. die Interpretation von Lichtkurven des Kepler-Satelliten durch die »Planet Hunters«).
Nur mit dem Umsetzen der Ergebnisse in ordentliche wissenschaftliche Veröffentlichungen hapert es in der Regel, doch Koautoren federführender Profis sind schon viele Bürgerforscher geworden. Die nächste Generation gewaltiger permanenter Himmelsdurchmusterungen, etwa mit dem Large Synoptic Survey Telescope, wird ihrer mehr denn je benötigen – dies gilt auch für historische Durchmusterungen, die durch groß angelegte Digitalisierungsprogramme von Fotoplatten-Archiven plötzlich leicht verfügbar werden. Die 40000 Platten der Bamberger Sternwarte z.B., auf denen noch unzählige unerkannte Veränderliche schlummern dürften (ganz zu schweigen von so manchem Kleinplaneten), rufen geradezu nach einer Auswertung durch die Massen, die freilich noch organisiert werden will.
Daniel Fischer
arxiv.org/abs/1409.4291 |
www.sternwarte.uni-erlangen.de |
escience.aip.de/ag2013/A |
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