Es ist erst ein Vierteljahrhundert her, dass die beobachtende Astronomie exakt nichts über die Eigenschaften, ja selbst die schiere Existenz, von Planeten anderer Sterne wusste, und man konnte bestenfalls annehmen, dass das Sonnensystem irgendwie typisch sein möge. Das hat sich nun gründlich geändert, erst durch hunderte von Entdeckungen ferner Planeten per Spektroskopie über ihre Schwerkraftwirkung auf ihre Sterne und seit 2009 tausende von weiteren Funden mit dem NASA-Satelliten Kepler. 2740 Planetenkandidaten bei 2036 Sternen hat er nach der jüngsten Tabellierung aufgespürt: Kandidat deshalb, weil der Satellit lediglich eine wiederholte kurze Abnahme der Helligkeit von Sternen feststellen kann, nicht aber deren Ursache. Die Vermutung, dass in den meisten Fällen geringer Helligkeitseinbrüche Planeten dahinter steckten, die vor den Scheibchen ihrer Sterne herzogen, ist nur in rund 100 Einzelfällen anhand mühsamer Nachbeobachtungen eindeutig zu beweisen – und doch lässt sich inzwischen mit einiger Gewissheit die statistische Aussage treffen, dass knapp über 90% der Keplerkandidaten tatsächlich Exoplaneten sind. Die diversen astronomischen Objekte, die Planeten-Durchgänge vortäuschen können, sind inzwischen gut verstanden, und die Kepler-Antwort auf echte und falsche Planeten lässt sich im Detail simulieren. Gemäß dieser viel beachteten neuen Analyse gibt es bei den besonders häufigen »kleinen Neptunen« die wenigsten Fehldeutungen, aber auch 7 von 8 Kandidaten für Exoplaneten von ungefährem Erddurchmesser – die Kepler-Methode liefert nur Durchmesser, keine Massen – sind statistisch gesehen echte Planeten und zumindest potenzielle »zweite Erden«.
Angesichts der letztlich doch erfreulich geringen Fehlerquote – andere Studien hatten bei einigen Kandidatengrößen bis zu einem Drittel falsche Planeten für möglich gehalten – ist es gestattet, die Häufigkeit und Größenverteilung der Keplerfunde (zu denen sich noch rund 15000 weitere, zweifelhaftere Quasi-Kandidaten gesellen, die hier nicht berücksichtigt werden) als repräsentativ für die Exoplanetenstatistik der Milchstraße zu betrachten. Danach besitzen 17±4% aller sonnenähnlichen Sterne mindestens einen Planeten von ungefährer Erdgröße und einer Umlaufsperiode von 85 Tagen oder weniger und 70% aller Sterne Planeten irgendeiner Größe mit Perioden unter 400 Tagen. Die Noch-nicht-Detektierbarkeit von erdgroßen Planeten auf fernen Bahnen in Betracht ziehend lässt sich sagen: »Praktisch alle sonnenähnlichen Sterne haben ein Planetensystem!« Derlei Extrapolationen hört man zwar schon seit Jahren in der Exoplanetenszene – aber so sauber aus echten Daten berechnet wurde es wohl noch nie. Und noch eine Erkenntnis: Kleine Planeten kommen bei Sternen der Spektraltypen M, K, G, F und A ungefähr gleich häufig vor, eine lange vermutete Abhängigkeit von der Sternmasse scheint nicht zu bestehen. Dafür haben inzwischen 43% der Keplerkandidaten einen Nachbarn: Nach wie vor ist nur ein System mit sechs Transit-Planeten gleichzeitig bekannt, aber mit fünf gibt es bereits 11, mit vier 44, mit drei 112 und mit zwei Planeten 299 Systeme.
Daniel Fischer
arxiv.org/abs/1301.0842 |
www.cfa.harvard.edu/news/2013/pr201301.html |
www.jpl.nasa.gov/news/news.php?release=2013-005 |
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