So abrupt hat sich das Tempo bei einer Mars-Landung noch nie verändert: Während sich bei Atmosphären-Eintritt und Aufsetzen von InSight am Abend MEZ des 25. November die Ereignisse überschlagen dürften (und womöglich direkter als je zuvor auf der Erde miterlebt werden können), folgen danach endlose Wochen sehr gemächlicher Operationen, bevor die wissenschaftliche Arbeit mit der französischen und deutschen Nutzlast überhaupt beginnen kann.
Nach dem Start diesen Mai nähert sich InSight jetzt rasant dem Ziel, noch bis 14 Minuten vor der Landung mit einer Cruise Stage verbunden (Grafik Mitte). 7 Minuten später – es ist jetzt 20:39 MEZ, aber wegen der 8,1 Minuten Lichtlaufzeit vom 146 Mio. km entfernten Mars ist die ‚Earth Receive Time‘ 20:47 MEZ – tritt der Lander, noch von einer zweiteiligen Hülle umgeben, in die obere Marsatmosphäre ein: Sie nimmt ihm 99,5% der kinetischen Energie, während der Hitzeschild bis zu 1500°C erreicht. Um 20:51 MEZ Erdempfangszeit (in der die Missionskontrolle generell denkt) wird dieser abgeworfen, 15 Sekunden nachdem sich der Fallschirm geöffnet hat. 20:53 MEZ werden der Fallschirm und die hintere Verkleidung (Back Shell) des Landers abgetrennt, nachdem ein Höhenradar die Kontrolle übernommen hat und nun die Landetriebwerke einschaltet. Bodenkontakt wird schließlich um 20:54 MEZ Erdzeit erwartet: Die 6 1/2 „Minuten des Schreckens“, wie ‚Entry, Descent & Landing‘ (EDL) auf dem Mars bei der NASA genannt werden, sind überstanden. Bis auf ein paar Modifikationen ist Insight eine Kopie des Marslanders Phoenix, der vor 10 Jahren erfolgreich war: Technologisches Neuland wird nicht betreten, aber der Mars ist berüchtigt für Bruchlandungen …
Zwar sendet Insight während des Abstiegs mit 8 kbit/s Statusinformationen über eine Omnidirektionalantenne auf der Back Shell, aber dieser Datenstrom kann nur in Marsnähe empfangen werden: vom Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) für eine spätere Übertragung zur Erde gegen Mitternacht MEZ – und mit etwas Glück von den beiden MarCO-Satelliten, die Insight als erste interplanetare Minisatelliten begleiten (Grafik unten). Wenn Sie wirklich die UHF-Signale des Landers empfangen, können sie diese formatieren und im X-Band direkt zur Erde weiter leiten, mit nur Minuten Verzögerung: So gut wie nie zuvor wäre man in quasi Echtzeit über ein EDL-Manöver auf dem Laufenden. Die MarCOs sind aber nur ein Experiment: Um trotzdem schon vor der späteren Nachlieferung der Daten über den MRO grob im Bilde zu sein, wird Insight kritische Missionsphasen durch simple „Töne“ im UHF-Signal anzeigen, die zwei Radioteleskope mit 100-Meter-Schüsseln auffangen können sollten. Es sind das Green Bank Observatory in den USA und das deutsche Radioteleskop in Effelsberg, die so als erste auch von der erfolgten Landung erfahren dürften. Sieben Minuten nach dem Aufsetzen soll InSight auch noch einen starken „Piepser“ im X-Band absetzen, um Antennen des NASA-eigenen Deep Space Networks einwandfreie Arbeit auf der Oberfläche zu melden: Das wäre um 21:01 MEZ Erdempfangszeit. Weitere 3 bis 13 Minuten später schließlich könnte ein erstes Bild von der Marsoberfläche die Erde erreichen: von der Weitwinkelkamera ICC, die unter der Plattform Insights montiert ist und das künftige Arbeitsfeld im Blick hat. Das geht aber nur, wenn den MarCOs die direkte Weiterleitung gelingt, sonst dauert es über andere Marsorbiter wesentlich länger – und Kunde von der korrekten Entfaltung der großen Solarzellen wird in jedem Fall frühestens um 2:35 MEZ am 26.11. durch den Orbiter Mars Odyssey erwartet. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Mission bereits in einen sehr gemächlichen Modus umgeschwenkt sein: Erst 10 Wochen nach der Landung dürfte der Robotarm Insights – der eine weitere Kamera trägt – nach ausgiebiger Analyse der Lage die beiden wissenschaftlichen Nutzlasten auf die Oberfläche abgesetzt haben (Darstellung oben). Zuerst das französische Seismometer SEIS, das auch noch eine Abdeckung verpasst bekommt, dann die deutsche Heat Flow and Physical Properties Package (HP3). Und deren „Maulwurf“ wird dann noch einmal weitere 7 Wochen benötigen, um sich bedächtig bis 5 Meter tief in den Boden zu hämmern. Die Physik des Mars-Inneren steht im Mittelpunkt der InSight-Mission, die Marsoberfläche selbst ist quasi egal: Als Landeort wurde gezielt eine besonders flache und attraktionslose Region in der Nähe des Äquators ausgewählt, die dafür besonders risikoarm sein soll – der „größte Parkplatz auf dem Mars“.LINKS:
InSight Press Kit: https://www.jpl.nasa.gov/news/press_kits/insight/landing/download/mars_insight_landing_presskit.pdf
Deutsche InSight-Homepage: https://www.dlr.de/dlr/desktopdefault.aspx/tabid-11031
NASA-Homepage der Mission: https://mars.nasa.gov/insight
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