Es war eher ein Asteroid als ein Komet, solche Einschläge gibt es womöglich alle zehn Jahre, und die Ausbreitung der dunklen Rückstände ähnelte den Mechanismen beim Transport vulkanischer Aerosole auf der Erde: Das sind einige der neuen Erkenntnisse über den unverhofften Einschlag auf dem Jupiter vom Juli 2009, die nun in den Astrophysical Journal Letters (Vol. 715) erschienen sind. Co-Autor von einer der Arbeiten ist jener Anthony Wesley, der den markanten dunklen Fleck auf 55° Süd entdeckt und sogleich auch viele Profiastronomen alarmiert hatte: Ihm ist es maßgeblich zu verdanken, dass nicht nur umfangreiche Daten mit großen Teleskopen auf der Erde gewonnen werden konnten, sondern sogar das Hubble Space Telescope kurz nach der letzten Wartungsmission die noch gar nicht fertig getestete neue »Wide Field Camera 3« (WFC3) einsetzen konnte (wenn auch nur sporadisch; s. Abb.). Der Einschlag war vermutlich zwischen 9 und 11 Uhr UTC am 19. Juli erfolgt, unbeobachtbar auf der Rückseite Jupiters: Das ergibt sich aus der »frischen« Natur des Wesley-Flecks, als er auf die Vorderseite rotiert war, im Vergleich zur Entwicklung der genau 15 Jahren vorher systematisch beobachteten Einschläge der Fragmente des Kometen Shoemaker-Levy 9 (den man hatte kommen sehen). Aus der genauen Gestalt des dunklen Materials – das in beiden Fällen aus Jupiters eigenen Gasen besteht, die durch die Impaktenergie stark erhitzt wurden und sich wie ein Schleier auf die Hochatmosphäre des Planeten legten – lässt sich auch schließen, dass der Impakt in nur 15° bis 25° zur Horizontalen erfolgte.
Gleich 112000 verschiedene mögliche Bahnen des einen zuvor unbeobachteten Impaktors – es gibt keinerlei Hinweise auf weitere Einschläge in zeitlicher Nähe – wurden durchgerechnet: Danach ist die Wahrscheinlichkeit praktisch gleich, dass der Körper ursprünglich aus dem Asteroiden-Hauptgürtel stammte (ein Hilda-Asteroid) oder dass es ein Komet aus der Jupiter-Familie war. Die Auswerter der detailreichen Hubble-Aufnahmen tippen auf einen Asteroiden: Rund um die Impaktstelle bildete sich nicht wie bei den Shoemaker-Levy-Einschlägen ein im UV dunkler, langlebiger Halo aus, den man als Folge der Kometenkomae erklärte, die sich auf die Atmosphäre gelegt hatten. Da der Wesley-Fleck den Hinterlassenschaften der Shoemaker-Levy-Fragmente E und R ähnelte, dürfte der Impaktor ebenfalls 500 bis 1000 Meter groß gewesen sein. Was dem Fleck in den Jupiter-Winden widerfuhr, ähnelte dann der Ausbreitung der Aerosolwolke nach dem heftigen Ausbruch des Vulkans Pinatubo 1991 auf den Philippinen rund um die Erde: Auch hier bildeten sich regelrechte Klumpen, die wochenlang erstaunlich stabil blieben. Eine – ziemlich vage – statistische Abschätzung kommt zu dem Schluss, dass Einschläge auf dem Jupiter 5 bis 10-mal häufiger sein könnten als man bisher dachte: Eine systematische(re) Überwachung des Planeten insbesondere im Methan-Band, wo solche Impaktwolken durch ihre Helligkeit besser auffallen als im sichtbaren Licht durch ihre Dunkelheit, wäre ratsam. Und wie man sieht, kann man daraus sogar etwas über stratosphärische Transportprozesse auf der Erde lernen.
Daniel Fischer
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