Ein riesiges Schwarzes Loch in einer winzigen Galaxie

Eine Hubble-Aufnahme des M60-NGC4647-Systems nebst der ultra-kompakten Zwerggalaxie M60-UCD1, rechts unten auch stark herausvergrößert. [Seth et al.]

Die ultra-kompakte Zwerggalaxie M60-UDC1 in der Nähe der Galaxie Messier 60 im Virgo-Haufen sorgte schon früher für Aufsehen: Sie erwies sich als derart dicht wie keine andere und in ihrer Mitte wurde überdies eine Art aktiver galaktischer Kern vermutet. Beides sprach dafür, dass es sich in Wirklichkeit um den Überrest einer einst viel größeren Galaxie handelt, deren Außenbereich durch Wechselwirkung mit anderen Galaxien des Haufens fortgerissen wurde.

Jetzt ist es gelungen, die Sterngeschwindigkeiten im Zentralbereich der Minigalaxie mit einem zweidimensionalen Spektrographen und Adaptiver Optik am nördlichen Gemini-Teleskop zu messen: Sie überschreiten 100km/s und es liegt eine klare Rotationsbewegung vor. Die dynamische Modellierung des ganzen Systems deutet auf die Anwesenheit eines supermassiven Schwarzen Lochs im Zentrum hin – das mit grob 20 Mio. Sonnenmassen etwa 15% der Gesamtmasse des Galaxienzwergs ausmacht!

Noch nie wurden Hinweise auf ein Schwarzes Loch von Millionen Sonnenmassen in einer derart kleinen und massearmen Galaxie gefunden. Zumindest bei M60-UCD1 ist nun klar, dass es sich wirklich um den Rest eines viel größeren Systems gehandelt haben muss: Bevor sie gewaltsam auf die heutigen rund 100 Mio. Sonnenmassen geschrumpft wurde, dürfte die Galaxie stolze sieben Milliarden Sonnenmassen besessen haben, wenn das typische Verhältnis von Schwarzloch- und Gesamtmasse galt.

Es war wohl eine mittelgroße elliptische Galaxie, die dem elliptischen Giganten Messier 60 zu nahe gekommen war; in Projektion sind beide heute nur 20000Lj voneinander entfernt. Auch bei vielen anderen ultra-kompakten Zwergen sind die dynamischen Massen größer als was die Sterne allein auf die Waage bringen: Schon wird spekuliert, dass diese Zwerge durchweg die Reste viel größerer Galaxien sind und meist noch deren supermassive Schwarze Löcher enthalten – womit es im lokalen Kosmos etwa doppelt so viele davon gäbe wie bisher gedacht. Die alternative Interpretation der Zwerge als extragroße Kugelsternhaufen scheint jedenfalls falsch zu sein: Kein Mechanismus ist plausibel, wie darin ein Schwarzes Loch mit Millionen Sonnenmassen entstehen könnte.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1409.4769
ESA-, HST-Veröffentlichung:
sci.esa.int/hubble/54656-hubble-helps-astronomers-find-smallest-known-galaxy-with-supermassive-black-hole-heic1419

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