Ein 2300 Jahre altes Sonnenobservatorium in Peru?

Peru (1)

Dreizehn Türme in einer Reihe entlang eines Hügelrückens inder peruanischen Küstenwüste 400 km nördlich von Lima, die von der Seite aus wie eine Zahnreihe aussehen: Kann das ein frühes Horizontobservatorium zur Verfolgung des Sonnenlaufs über das Jahr sein? Der frischgebackene archäologische Direktor des Nationalen Kulturinstituts von Peru und der bekannteste britische Archäoastronom sind zu diesem Schluss gekommen. In entwaffender Offenheit geben sie in ihrem Paper (Ghezzi & Ruggles, Science 315 [2.3.207] 1239-43; auch 1206-7) zwar zu, dass »astronomische ‚Erklärungen‘ notorisch leicht am vorgefundene Ausrichtungen angepasst werden können« und es »immer die Gefahr eines Zirkelschlusses gibt« – aber im Falle der Dreizehn Türme von Chankillo passe einfach alles zu gut zusammen. Denn es gibt nicht nur die ungewöhnliche Kette der massiven Türme in jeweils 5 m Abstand (oben), sondern senkrecht dazu in einigem Abstand auf beiden Seiten ungewöhnliche Gebäude, von denen aus gesehen die Turmkette genau den Horizontbogen nachzeichnet, hinter dem die Sonne im Lauf der Jahreszeiten auf- bzw. untergeht (unten). Die ausgeklügelte Geometrie der Anlage spricht für eine auch damals schon etablierte Tradition solches »landscape timekeeping«.

Peru (2)

Die von den Türmen gezeichnete Zähnung des Horizonts könnte einerseits kalendarisch genutzt worden sein, essentiell für die Planung der Landwirtschaft in solch einer ariden Gegend: Die Sonnenwenden wären auf wenige Tage genau bestimmbar. Und das gesamte Bauwerk dürfte darüber hinaus von einem komplexen Sonnenkult zeugen, zwei Jahrtausende vor den vergleichbaren (und heute spurlos verschwundenen) Sonnenpfeilern der Inkas in Cuzco: Chankillo kann mit der C-14-Methode auf das 4. vorchr. Jh. datiert werden. Es sind vor allem die Überreste eines Gebäudes 200 m westlich der Türme, die für deren astronomische Bedeutung sprechen: Auf der Südseite des Gebäudes verläuft nämlich ein 40 m langer Korridor, der aber nirgends in es hinein führt. Am Südostende jedoch ist eine Öffnung, von der aus man genau auf die 235 m entfernten Türme blickt und die es so im ganzen Chankillo-Komplex kein zweites Mal gibt. In 5 Metern Umkreis der Öffnung wurden auch eine Menge archäologische Artefakte gefunden, ebenfalls ungewöhnlich: Das spricht für rituelle Praktiken, bei denen der Blick aus der Öffnung auf die Türme und die dahinter aufgehende Sonne eine Rolle spielte. Und auf der exakt gegenüberliegenden Seite der Turmreihe steht ein weiteres isoliertes Gebäude, d.h. auch Sonnenuntergänge scheinen beobachtet worden zu sein – im Rahmen von Sonnenritualen, die (so legen es Figuren-Darstellungen aus der Epoche nahe) die Macht einer kriegerischen Elite festigen sollten.

Daniel Fischer

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