Diffuses Licht von den ersten Sternen: Zwei neue Methoden liefern härtere Grenzen

Auch zwischen all den Sternen der eigenen Milchstraße und den Galaxien im Raum dahinter glimmt der gesamte Himmel ein wenig im Infraroten: Selbst wenn man die Emission von kosmischem Staub einerseits und die Hintergrundstrahlung des Urknalls selbst subtrahiert, bleibt immer noch etwas übrig. Wegen der vielen störenden Quellen im Vordergrund gelang der Nachweis dieses extragalaktischen Hintergrundlichts (EBL = extragalactic background light) erst in den 1990-er Jahren mit dem Satelliten COBE bei großen Wellenlängen, später folgten angebliche Sichtungen auch im nahen IR. Im EBL steckt das Licht ferner Galaxien, die wir schlicht mit heutiger Technik noch nicht räumlich auflösen können, und damit im Prinzip eine Menge Information über die Geschichte der Sternentstehung und vielleicht auch die allererste exotische Sterngeneration (»Population III«), von der heute kein Exemplar mehr existiert. Mit ständig besserer Messtechnik konnte ein immer grösserer Anteil des EBL in den letzten Jahren doch noch in individuelle Galaxien aufgelöst werden, während andererseits ausgerechnet die Gamma-Astronomie harte Obergrenzen für das EBL im nahen Infraroten liefert.

Die energiearmen Infrarotphotonen des EBL kollidieren nämlich mit den extrem harten Gammaphotonen von fernen energiereichen Galaxienzentren, wobei Elektron-Positron-Paare entstehen: Man spricht von intergalaktischer Absorption, die bei höheren Gammaenergien (1 TeV) stärker als bei niedrigeren (0,2 TeV) ist. Die Gammaspektren der fernen Galaxien erscheinen durch die Wechselwirkung mit dem intergalaktischen Infrarotbrei also an der Erde steiler – röter – als ursprünglich waren (und je weiter sie entfernt sind, desto deutlicher ist der Effekt): Wenn man die Originalspektren kennt oder auch nur abschätzen kann, lässt sich erstaunlich viel über die Eigenschaften des EBL aussagen. Aharonian et al. (Nature 440 [20.4.2006] 1018-21) scheint eben dies mit Messungen der neuen HESS-Cherenkov-Teleskope in Namibia an zwei fernen Blazaren mit Rotverschiebungen von 0,17 und 0,19 gelungen zu sein: Auch wenn man ihre Originalspektren nur erahnen kann, so drängt sich doch die Schlussfolgerung auf, dass das EBL im nahen IR erheblich geringer ist als bisher behauptet wurde. Die Gamma-Daten lassen für kaum mehr Infrarotstrahlung Raum als ohnehin von den schon bekannten Galaxien stammt.

Diese kühne und weitreichende Feststellung, die mehrere Sichtungen starken EBLs bei kurzen IR-Wellenlängen durch ein japanisches Satellitenexperiment 1995 (Matsumoto et al., Ap.J. 626 [2005] 31-43) und später das Spitzer Space Telescope (Kashlinsky et al., Nature 438 [2005] 45-50) kurzerhand für irrig erklärt, muss natürlich noch durch Messungen an weiteren fernen Gammaquellen untermauert werden, sorgt aber schon jetzt für Aufregung (Madau, Nature 440 [20.4.2006] 1002-3). Und zur selben Zeit werden auch die Eigenschaften des EBL bei langen Wellen klarer: Durch gezieltes Aufaddieren vieler Aufnahmen des Spitzer Space Telescope – geleitet durch schärfere Bilder bei 24 µm – konnten bei 70 und 160 µm Wellenlänge noch Galaxien sichtbar gemacht werden, die eigentlich weit unter der Nachweisgrenze des kleinen Satellitenteleskops lagen. Damit sind nun über drei Viertel des EBL bei mittleren und großen IR-Wellenlängen in Einzelgalaxien (mit Rotverschiebungen um 1) aufgelöst. Und zusammen mit den HESS-Limits im nahen IR scheint nun zum ersten Mal das gesamte EBL-Spektrum im Griff zu sein: Mit dem dürfen die Kosmologen nun arbeiten, wenn sie die Prozesse im jungen Kosmos quantitativ verstehen wollen.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*