Der Mond hat eine Ionosphäre

Die Dichte der lunaren Exosphäre liegt um mehr als das 10 Billiardenfache unter der der Erdatmosphäre. Sie ist damit zu dünn, um allein die Ausbildung einer Ionosphäre zu ermöglichen. Mondstaub, der durch solare Strahlung ionisiert wird, übernimmt dabei eine entscheidende Rolle. Die beobachtete Elektronenpopulation (dominierend auf der Nachtseite) wird durch den elektrisch geladenen exosphären Staub begründet. Die Elektrondichte unterliegt erheblichen Schwankungen und ist auf der Tagseite Foto- und Sekundär-Emissionseinflüssen (z.B. der Stärke des Sonnenwindes) ausgesetzt. Das vor 40 Jahren von der Apollo-15-Besatzung bemerkte polarlichtähnliche Glimmen spielt sich auf der Tagseite ab. [Science@NASA]

Eine Welt förmlich ohne Atmosphäre besitzt dennoch eine Ionosphäre. Seit nunmehr Jahrzehnten schon steht diese Feststellung ohne befriedigende Begründung fast schon im wahrsten Wortsinne im Raum. Die Idee eines atmosphärenlosen Körpers mit gleichzeitiger Ionosphäre ergibt zunächst einmal auch gar keinen Sinn. Und dennoch, der Erdmond verfügt über so eine Schicht, in der sich vornehmlich Ionen und freie Elektronen befinden. Die Ionosphäre der Erde entsteht durch solare Strahlungseinflüsse, sowohl in elektromagnetischer Form, was insbesondere auf Ultraviolett- und Röntgenstrahlung zutrifft, als auch als Teilchenstrahlung, was hauptsächlich Elektronen und Protonen betrifft. Durch ihren Einfluss werden Elektronen im Bereich der Meso- bzw. Thermopause von den dortigen Atomen gelöst. Es entstehen so positive Ionen und freie Elektronen, was zu einem elektrisch leitenden Bereich der Atmosphäre führt. Beim Erdmond indes müssen alternative Umstände die Ausbildung einer beobachtbaren Ionosphäre ermöglichen, denn er verfügt über keine Atmosphäre im klassischen Sinne.

Seine Exosphäre erhält er durch kleinere Mengen Gas, das sich durch radioaktiven Zerfall bildet und aus dem Mondinneren ausgast. Zweite Quelle sind die Atome, die der Sonnenwind von der Oberfläche sprengt. Die Mond-Ionosphäre hingegen verdankt ihre Existenz dem reichlich vorhandenen Regolith. Kleine Regolithpartikel umschwirren ständig in großen Mengen den Mond und sind so unter anderem auch der solaren UV-Strahlung ausgesetzt. Ultraviolettes Licht lädt den Mondstaub zehnmal stärker auf als bislang vermutet worden war. Und, ebenfalls anders als spekuliert, entwickeln »große« Teilchen mit einem Durchmesser von ein bis zwei Mikrometern eine stärkere Ladung als kleine, etwa 0,5µm große Partikel. Darüber hinaus wird der Mondstaub durch die elektromagnetische Strahlung ionisiert. Dieses Zusammenspiel lässt die Ionosphäre des Mondes auch ohne gleichzeitige Anwesenheit eine Atmosphäre entstehen. Inwieweit der abgeschwächte Sonnenwind in einem solaren Minimum weiterhin die Bildung einer Mondionosphäre zulässt, ist unbekannt. Insofern nimmt der Erdmond nach jetzigem Wissen eine Sonderstellung ein. Denn es ist kein weiterer Himmelskörper bekannt, bei dessen Ionosphäre physikalisch verwitterte Lockersedimente einen Großteil der Rolle des Atmosphärengases übernehmen.

Lars-C. Depka

Studie zur Mondionosphäre:
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0032063311001693

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