Der ganze Himmel glüht – im Licht des Wasserstoffs ferner Galaxien

Eine Quadrat-Bogenminute aus dem Hubble Ultra Deep Field (Hintergrund) - mit in Blau den schwach glimmenden Wasserstoffwolken um ferne Galaxien (Rotverschiebungen 3 bis 6), die zusammen den Himmel komplett überdecken. Und erst jetzt vom MUSE-Instrument am VLT der ESO sichtbar gemacht wurden. [ESA/Hubble & NASA, ESO/ Lutz Wisotzki et al.]

Könnten wir den Nachhimmel mit sehr viel empfindlicheren Augen sehen, dann wären da keine Sterne und Galaxien mehr mit viel schwarzem Raum dazwischen: Die gesamte Himmelskugel würde matt glühen, verursacht von Wasserstoff-Wolken um ferne Galaxien, die sich überlappen und Lyman-Alpha-Strahlung aussenden. Jetzt konnte dieses Glimmen aus der Frühzeit des Kosmos mit dem MUSE-Instrument am Very Large Telescope der ESO direkt nachgewiesen werden.

Und zwar bei sehr „tiefen“ Aufnahmen zweier berühmter Himmelsfelder, dem Hubble Ultra Deep Field und dem Hubble Deep Field South, denen das Weltraumteleskop Hubble jeweils schon viele Stunden Belichtungszeit gewidmet hatte und deren Besatz mit fernen schwachen Galaxien deshalb gut bekannt ist. Oder auch nicht: MUSE entdeckte auch Galaxien-Wasserstoffwolken an Stellen, wo auf den Hubble-Aufnahmen nur schwache oder überhaupt keine Galaxien zu sehen waren. Insgesamt konnte MUSE 270 Wolken konkret nachweisen, aus denen sich aber das Gesamtbild hochrechnen lässt. MUSE ist für Wellenlängen von 475 bis 935 nm empfindlich: Die eigentlich ultraviolette Lyman-Alpha-Emission von etwa 10000°C heißem Wasserstoff bei 122 nm sieht das Instrument also im Rotverschiebungsbereich 3 bis 6,6, d.h. von Galaxien, deren Licht schon 11,5 bis 13 Milliarden Jahre unterwegs ist und die wir in einem Zustand nur etwa 1 bis 2 Milliarden Jahre nach dem Urknall beobachten. So „auffällig“ waren diese jungen Galaxien noch nie auf direkten Bildern zu sehen.

Zu ihren ausgedehnten Wasserstoffwolken sind die Lyman-Alpha-Galaxien einmal durch den Einfall von Gas aus dem intergalaktischen Raum gekommen und zum anderen auch durch eigene galaktische Winde. Dass es diese Gasumgebung gibt, die weit über das sichtbare Sternlicht hinaus reicht, ist schon länger bekannt: Beobachtet man noch fernere Quasare an solchen Galaxien vorbei, macht sie sich durch Absorption im Spektrum bemerkbar. Die MUSE-Beobachtungen passen quantitativ gut zu diesen Erkenntnissen, d.h. der absorbierende Wasserstoff ist komplett gesichtet; dabei muss berücksichtigt werden, dass sich die Gaswolken mehrerer Galaxien in ungefähr derselben Sichtlinie überlappen können. Andere sind individuell selbst für MUSE zu schwach, können aber durch Stacking nachgewiesen werden. Insgesamt findet sich an nahezu jedem Punkt des Himmels rotverschobene Lyman-Alpha-Strahlung von mindestens einer Galaxie. Zum Leuchten angeregt wird der Wasserstoff in der Nähe der entsprechenden Galaxie durch deren Sternenlicht, in größerem Abstand aber von einer allgegenwärtigen ultravioletten Hintergrundstrahlung, die sogar selbst schwach in den MUSE-Daten erkennbar sein könnte.

LINKS:
Originalarbeit: https://rdcu.be/8eCx
ESO Press Release: https://www.eso.org/public/news/eso1832
PM des AIP: https://www.aip.de/de/aktuelles/scientific-highlights/das-glimmende-universum

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