Alter Stern umgibt sich mit riesiger Gas-Spirale

Ein echtes Radio-Bild der unerwarteten Spiralstruktur um den Stern R Sculptoris vom Atacama Large Millimeter/submillimeter Array im »Licht« des J=3-2-Übergangs des Kohlenmonoxid-Moleküls: Eine bestimmte Geschwindigkeit des Gases relativ zum Stern wurde isoliert, um sie hervorzuheben; die Struktur ist aber auch bei anderen Geschwindigkeiten zu erkennen. [ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)]

Damit hatten die Radioastronomen nicht gerechnet, die mit dem neuen großen internationen Interferometer Atacama Large Millimeter/submillimeter Array oder ALMA in Chile den alten Stern R Sculptoris unter die Lupe nahmen: Es war schon lange bekannt, dass diesen Roten Riesen, der sich auf dem »asymptotischen Riesenast» der Sternentwicklung befindet, eine Staub- und Gashülle umgibt – aber nicht, dass sich im Inneren dieser Hülle auch noch eine markante Gas-Spirale befinden würde. Beim sogenannten thermischen Puls – bei dem in einer Hülle um den Zentralbereich des Sterns Heliumkerne zu Kohlenstoffkernen verschmelzen, was rund alle 50000 Jahre geschieht – war der Massenverlust des Sterns für kurze Zeit stark angestiegen: Die Folge ist eine dünne kugelförmige Hülle, wie man sie auch um andere vergleichbare Sterne kennt. Doch die ALMA-Beobachtungen – an besonders stark emittierendem Kohlendioxid, das die Verteilung von Gas ganz allgemein nachzeichnet – ergaben ein anderes Bild: Vermeintliche Klumpen der Hülle bilden in Wirklichkeit in ihrem Inneren eine Spirale, bei der der Radius im Innenbereich proportional zum Drehwinkel anwächst, mit insgesamt fünf Wicklungen.

Die beste Erklärung ist ein relativ scharfer Gas-Ausfluss in der Zeit nach dem thermischen Puls, der rund 1800 Jahre zurückliegt und ca. 200 Jahre andauerte, im Kombination mit einer konstanten Drehbewegung: Ein bisher unbekannter Begleitstern mit einer Umlaufsperiode von etwa 350 Jahren sorgt mit seiner Schwerkraft für die Bündelung des Sternwinds. Das lässt sich mathematisch modellieren, woraus sich umgekehrt die physikalischen Parameter des Sternsystems eingrenzen lassen: Die Spirale, deren Windungsabstand weiter außen zunimmt, dokumentiert präzise die Geschichte des Sternwinds seit dem Puls. Rote Riesensterne geben große Mengen Materie in den Weltraum ab, R Sculptoris während seines thermischen Pulses sogar 30-mal schneller als sonst und auch dreimal ergiebiger als bisher bekannt. Sie sind damit die Hauptlieferanten des Gases und des Staubs, die den Großteil des Rohmaterials für die Bildung von Planetensystemen um neue Generationen von Sternen bilden. Während der ALMA-Beobachtungen war übrigens noch nicht einmal die Hälfte der vorgesehenen Antennenschüsseln installiert gewesen, aber trotzdem wurde schon – bei einer Wellenlänge um 0,9mm – eine Winkelauflösung von 1,3″ erreicht.

Daniel Fischer

Originalarbeit (PDF):
www.eso.org/public/archives/releases/sciencepapers/eso1239/eso1239a.pdf
Pressemitteilung der Uni Bonn:
www3.uni-bonn.de/Pressemitteilungen/pressrelease.2012-10-09.4275281165
Pressemitteilung der ESO:
www.eso.org/public/germany/news/eso1239

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