Der größte Bleistift des Sonnensystems: Darum ist Merkur so dunkel

Die Planeten und Zwergplaneten des Sonnensystems reflektieren das von ihnen empfangene Sonnenlicht in unterschiedlich starker Art und Weise. Die Schlusslichter in einer solchen Aufstellung bilden der Erdmond und der Merkur. Nicht aber aus dem gleichen Grund.

Sucht man einen der dunkelsten Körper des Sonnensystems, wird man schnell fündig. Überraschenderweise ist er fast jede Nacht über unseren Köpfen zu sehen. Nur seiner schieren Größe verdankt der Erdmond seine vermeintliche Helligkeit. Tatsächlich allerdings leuchtet er nicht heller, als eine asphaltierte Straße. Natürlich leuchtet der Mond nicht selber, er reflektiert vielmehr im Wesentlichen einfallendes Sonnenlicht. Seine Reflexionsstrahlung, also das Rückstrahlungsvermögen beträgt lediglich 0,12. Das heißt, etwas mehr als 10% des einfallenden Lichtes werden zurück geworfen. Frischer Schnee zu Vergleich, spiegelt etwa 80 – 90% des Lichtes wider, besitzt also einen Albedowert zwischen 0,8 und 0,9.
Lediglich zwei weitere Himmelskörper des Sonnensystems von wenigstens Zwergplanetenstatus sind noch dunkler, als der Erdmond: Ceres und Merkur. Jedoch aus unterschiedlichen Gründen.

Im Umfeld des 80 km großen Basho-Kraters ist gut die Konzentration von sogenanntem Low Reflectance Material (LRM) zu erkennen. Spektroskopische Analysen identifizierten das Material als Kohlenstoff. [Courtesy NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington]
Im Umfeld des 80 km großen Basho-Kraters ist gut die Konzentration von sogenanntem Low Reflectance Material (LRM) zu erkennen. Spektroskopische Analysen identifizierten das Material als Kohlenstoff. [Courtesy NASA/Johns Hopkins University Applied Physics Laboratory/Carnegie Institution of Washington]
In der Planetologie versteht man unter der Bezeichnung Regolith ein Lockermaterial an der Oberfläche von Gesteinskörpern. Im Gegensatz zum Regolith im Sinne der Geomorphologie ist diese Art Regolith, mit Ausnahme thermischer Prozesse, nicht durch Vorgänge entstanden, die allgemein unter dem Oberbegriff Verwitterung zusammengefasst werden. Die Bedingungen an der Oberfläche nahezu aller Himmelskörper im Sonnensystem unterscheiden sich durch die Abwesenheit flüssigen Wassers und das Fehlen einer (dichten) Atmosphäre grundlegend von irdischen Bedingungen. Das Regolith im Sinne von extraterrestrischem Lockermaterial entstand daher zu einem Großteil durch mechanische Zerstörung im Zuge von Einschlägen von Meteoriten und Mikrometeoriten und durch die Einwirkung hochenergetischer, also solarer und galaktischer kosmischer Strahlung.
So geschehen beim Erdmond. Auch er besitzt keine nennenswerte Atmosphäre. Deshalb schlagen bis heute ständig Meteoroiden unterschiedlicher Größe, ohne abgebremst zu werden, auf seiner Oberfläche ein. Sie zertrümmern so regelrecht das an der Mondoberfläche anstehende Krustengestein. Der durch diesen Prozess entstehende Mondregolith bedeckt weitreichende Areale der Mondoberfläche mit einer mehrere Meter dicken Schicht, unter der Details der ursprünglichen Geologie des Mondes verborgen sind. Darüber hinaus ist der Mondregolith stark eisenhaltig, was das Rückstrahlungsvermögen des Erdtrabanten deutlich reduziert.

Eine solche lichtschluckende „Staubschicht“ ist beim Merkur aber nicht vorhanden. Sein, im planetologischen Sinne, dunkles Erscheinungsbild muss eine andere Ursache haben. Im Falle des sonnennächsten Planeten übernimmt Graphit, eine der natürlichen Erscheinungsformen des chemischen Elements Kohlenstoff, die Rolle des Regoliths. Und zwar nicht durch Kometeneinschläge eingetragen, sondern Merkur selber verfügt über große Kohlenstoffvorräte, weitaus mehr als die Erde, oder der Erdmond.

Im unmittelbaren Kraterumfeld zeigt sich das Element, welches bis heute noch in Bleistiftminen zu finden ist, besonders stark konzentriert. Hier haben Einschläge ursprüngliches Krustenmaterial wieder an die Planetenoberfläche gebracht, das in anderen Regionen unter einer jüngeren Oberfläche großteilig verborgen ist. Merkurs große Graphitvorkommen lagerten sich in der frühen Zeit der Planetenentstehung oberflächennah an, während andere Mineralien im Zuge des Kristallisationsprozesses im Magmaozean absanken.

Lars-C. Depka

Originalarbeit

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