Seit die Raumsonde Cassini 2005 völlig überraschend die Fontänen des Saturnmondes Enceladus aus Wasserdampf und Eisteilchen entdeckt hatte, die aus den »Tigerstreifen«, Oberflächenspalten in der südlichen Polarregion, schießen, stellte sich die Frage nach deren Quelle. Gibt es unter der eisigen Oberfläche ein flüssiges Reservoir, das hier verdampft, oder sublimiert ein festes Substrat? Während zeitweise bis zu fünf verschiedene Modelle in der Diskussion waren, hat der deutsche Cosmic Dust Analyzer bei drei Fontänen-Durchflügen Cassinis in den Jahren 2008 und 2009 die Zusammensetzung frisch ausgeworfener Partikel direkt gemessen. Die in größerer Entfernung von Enceladus angetroffenen Partikel sind klein und salzarm, ähnlich wie die Teilchen des E-Rings, dessen offensichtliche Quelle die Enceladus-Fontänen sind. In der Nähe des Mondes hat Cassini jedoch relativ große und salzreiche Partikel vorgefunden: Mehr als 99% der Masse scheinen in Form solcher salzreicher Partikel ausgeworfen zu werden, von denen es aber die meisten nicht bis in den Ring schaffen, weil sie zu schwer sind. Diese salzhaltigen Eispartikel haben nun den entscheidenden Hinweis auf die Vorgänge im Inneren von Enceladus geliefert: Sie besitzen nämlich eine »ozeanartige« Zusammensetzung, die dann zu erwarten ist, wenn das Eis aus einem flüssigen Salzwasser-Reservoir stammt.
Die gefrorene Eisoberfläche des Mondes ist dafür nicht verantwortlich: Wenn Salzwasser langsam gefriert, wird das Salz aus der Eisstruktur verdrängt, so dass reines Wassereis zurückbleibt. Flüssiges Salzwasser unter der eisigen Oberfläche bleibt jetzt als einzige Erklärung für den hohen Salzanteil der Teilchen übrig: eine Schicht etwa 80km unter der Enceladus-Oberfläche zwischen dem felsigen Kern und dem eisigen Mantel. Salz aus dem Gestein löst sich im Wasser, das sich dann in flüssigen Reservoiren dichter unter der Kruste ansammelt. Wenn sich in der äußeren Eisschicht Spalten öffnen, gerät das Reservoir in Kontakt mit dem Weltraum: Durch den Druckabfall verdampft die Flüssigkeit, ein Bruchteil davon wird in Form salziger Eisteilchen schockgefrostet und als Fontänen ausgestoßen. Die Wasserreservoire müssen dabei große Oberflächen haben, an denen die Verdampfungsprozesse stattfinden, sonst würden sie schnell zufrieren. Viele Details, vor allem zu Wärmequellen und Tektonik, sind noch unklar, aber Enceladus kann es nun mit dem Jupitermond Europa in Sachen potenzieller Lebensfreundlichkeit aufnehmen – und der unterirdische Ozean wäre sogar dank der Tigerstreifen leichter zugänglich. Leider sind in den nächsten Jahrzehnten keine Raumsondenmissionen in Sicht, die solch eine Expedition wagen würden.
Daniel Fischer
www.esa.int/SPECIALS/Cassini-Huygens/SEMSZ2037PG_0.html |
idw-online.de/de/news429416 |
www.jpl.nasa.gov/news/news.cfm?release=2011-190 |
Kommentar hinterlassen