Erstmals war die aktive Region AR 11430 am 3. März 2012 dicht am Ostrand als etwas wulstiger, aber langgezogener Strich zu sehen gewesen. Bereits am kommenden Tag offenbarte sich ihre Größe auf der Sonnenoberfläche – sie hatte eine erstaunlich geringe Längenausdehnung, weswegen man sie, auch im Vergleich zur zeitgleich im Süden stehenden AR 11428, nur als D-Gruppe nach Waldmeier klassifizieren konnte. Dafür war sie aber sehr kompakt strukturiert und hochaktiv. Am ersten Tag ihrer Sichtbarkeit konnte um 19:48 UT ein lang andauernder C1.9-Röntgenflare beobachtet werden, der mit einem »Tenflare« – einem Ausbruch im Bereich des 10cm-Radioflusses der Sonne, verbunden war. Dies war aufgrund der Position nahe des östlichen Sonnenrandes nicht erdgerichtet und relativ harmlos. Dem folgte am 4. März ein M2/1N-Flare mit Koronalem Massenauswurf samt Tenflare. Je näher die Fleckengruppe dem Zentralmeridian der Sonne kam, den sie am 9. März passierte, desto mehr stiegen die Erwartungen an das Auftauchen von Polarlichtern über (Nord-)Deutschland. Am 5. März um 5:09 MEZ wurde ein X1/2b-Flare mit einem großen Koronalen Massenauswurf registriert. Aber auch dieser vermochte noch nicht, das Erdmagnetfeld zu stören. Dafür dauerte er 147 Minuten an und ließ den solaren Radioflussindex auf 12000sfu (solar flux unit) hochschnellen: eine schon sehr heftige Eruption.
Der erste Flare, dessen Ausstoß erdgerichtet war, entstand am 7. März um 1:28 MEZ mit einem lang andauernden X5/3B-Flare. Ca. eine Stunde später produzierte die Region 11430 ein X1/Sf-Flare und für den 8. März wurde eine offizielle Polarlichtwarnung ausgesprochen. Schon am 7. März hatten Beobachter in Kanada und den nördlichen US-Bundesstaaten grünlich-rötliche Polarlichter beobachtet und fotografiert, die ihren Ursprung in den zahlreichen M-Flares der AR 11429 hatten. Am 8. März um 11:45 MEZ registrierte dann der im Lagrangepunkt L1, 1,5 Mio. km vor der Erde in Richtung Sonne stehende ACE (Advanced Composition Explorer)-Satellit das Eintreffen der Schockfront des Koronalen Massenauswurfs, die 20 Minuten später das Erdmagnetfeld erreichte. Doch wer am Abend des 8. März voller Vorfreude den Himmel beobachtete wurde bitter enttäuscht: Polarlichter wurden im deutschen Sprachraum nicht gesichtet. Es war nicht einfach, die Ursache aus den zahlreichen Satellitendaten herauszulesen (sie lieferten teilweise wegen des Sonnensturms falsche oder gar keine Daten), doch dann wurde schnell klar: das, was da am Mittag des 8. März eintraf, war nicht der Hauptsturm, da keine erhöhte Aktivität im Erdmagnetfeld gemessen wurde. Und während man in den frühen Morgenstunden des 9. März noch rätselte, ob dem Koronalen Massenauswurf möglicherweise eine magnetische Komponente fehlte, kam es kurz nach 4 Uhr zu einem Impakt, der in Kanada und den nördlichen USA Polarlichter aufleuchten ließ. Erst zu diesem Zeitpunkt stimmten Geschwindigkeit der Sonnenwindteilchen, Dichte und Ausrichtung des Magnetfeldes überein. Für Beobachter in Europa kam das alles viel zu spät.
Damit hatte die Fleckengruppe den Höhepunkt ihrer Aktivität auch schon erreicht, wenngleich auch ihre Ausdehnung immer mehr zunahm. Ein wenig Hoffnung versprachen noch ein M6-Flare vom 9. März und ein lang anhaltender M8.4-Flare vom 10. März. Beide waren mit Koronalen Massenauswürfen verbunden, was immerhin eine gewisse Wahrscheinlichkeit für Polarlichter in sich barg. Keiner der beiden Stürme führte letztlich zu Polarlichtsichtungen: Ein Impakt der Stärke, die nötig gewesen wäre, wurde nicht registriert, weil der Teilchenstrom eine zu geringe Dichte aufwies. Nachfolgende Ausbrüche blieben ohne Bedeutung, da sich die Fleckengruppe schon zu sehr dem Westrand der Sonne angenähert hatte. Der Teilchenstrom ging am Erdmagnetfeld vorbei. Die Häufung von Fehlschlägen bei den Prognosen zur Sichtbarkeit von Polarlichtern offenbart deren prinzipielle Schwierigkeit, alle in der Natur vorkommenden Faktoren richtig einzubeziehen und man muss sich auch fragen, ob die verwendeten Modelle wirklich alle so zutreffend sind, wie man bislang angenommen hat.
Manfred Holl
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