Milchstraße besitzt doch vier Arme

Auf dem Weg zu einem vollständig(er)en Bild der Milchstraße: Die Positionen von über 1000 massereichen jungen Sternen aus einer neuen Arbeit sind hier in eine ältere Darstellung der galaktischen Spiralstruktur mit zwei starken und zwei schwachen Armen eingezeichnet – sie scheinen in allen vier Armen gleich gut vertreten zu sein. Oben in der Mitte der Ort der Sonne. [J. Urquhart et al., Hintergrundbild: Robert Hurt/Spitzer Science Center]

Die Spiralstruktur der Milchstraße zu ergründen, ist außerordentlich schwer, da sich die Sonne nun einmal mitten darin befindet: Alle Spiralarmen liegen hintereinander, und Staub stört überdies den Durchblick. Lange Zeit galt eine Spirale mit vier etwa gleich stark ausgeprägten Armen als bestes Modell, doch vor fünf Jahren brachten Daten des Spitzer Space Telescope das Bild der Milchstraße gründlich durcheinander. Der Infrarotsatellit hatte Millionen Sterne erfasst, aber sie konzentrierten sich im Wesentlichen nur in zwei Spiralarmen. Die Diskussion ging weiter, und nun schlägt das Pendel wieder klar in Richtung vier Arme aus: Zu verdanken ist dies dem »Red MSX Source Survey«. MSX steht dabei für das Midcourse Space Experiment: Das war ein amerikanischer militärischer Forschungssatellit der 1990er-Jahre, der als ziviles Abfallprodukt eine besonders detailreiche infrarote Himmelsdurchmusterung hinterlassen hat.

In ihr enthalten sind zahlreiche »Massive Young Stellar Objects« (MYSO): junge Sterne, die gerade mit dem Wasserstoffbrennen begonnen haben und starke Quellen im mittleren Infraroten sind und nicht nur ideal für den MSX zu erkennen, sondern auch wenig vom galaktischen Staub betroffen sind. Inzwischen sind etwa 1650 dieser Objekte identifiziert worden, für die mit z.T. trickreichen radioastronomischen Techniken auch Entfernungen ermittelt werden konnten: Da MYSO extrem jung sind, findet man sie noch genau an jenen Orten, wo sie entstanden sind. Sowohl statistisch ausgewertet als aus beim direkten Eintragen in das alte Spitzer’sche Bild der Milchstraße bilden sie vier etwa gleich starke Arme. Das Spitzer Space Telescope hatte sich dagegen auf ältere massearme Sterne konzentrieren müssen, die schon weit von ihren Entstehungsorten weggedriftet sein können, und so waren zwei der Spiralarme mit wohl etwas schwächerem Gravitationspotenzial »verloren« gegangen. Die Himmelsdurchmusterung des Gaia-Satelliten mit Milliarden Sternen sollte das Bild der Milchstraße weiter verbessern können.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
mnras.oxfordjournals.org/content/early/2013/11/13/mnras.stt2006.full
Pressemitteilung aus Leeds:
www.leeds.ac.uk/news/article/3470/massive_stars_mark_out_milky_ways_missing_arms
Das alte Bild:
www.oculum.de/newsletter/astro/000/60/2/62.23h77.htm#4

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