Balkengalaxien nehmen seit dem Urknall zu

Ein sehr klarer Trend: Je weiter der Blick in die Vergangenheit geht, desto geringer ist der Anteil der Spiralgalaxien mit Balken. Bevor die »Bürger-Forscher« zum Einsatz kamen, gab es so eindeutige Diagramme nicht. [Melvin et al.]

Nur selten kommt es vor, dass wirklich große und signifikante Entwicklungen des Universums mit fortschreitender Zeit nachgewiesen werden: Die Zu- und dann wieder Abnahme der Sternentstehung gehört dazu oder dass es mit fortschreitender Expansion des Alls immer weniger Verschmelzungen von Galaxien untereinander gibt. Ein weiterer fundamentaler Effekt, noch bis vor kurzem umstritten, scheint jetzt etabliert worden zu sein. Im Rahmen des inzwischen abgeschlossenen Projekts „Galaxy Zoo: Hubble“ hatten über 86000 »Bürgerforscher« daran einen wesentlichen Anteil. Die Freiwilligenscharen schauten 40 Millionen Mal Hubble-Bilder ferner Galaxien an und beurteilten sie nach mehreren Kriterien: Dazu gehörte auch, ob ein zentraler Balken zu erkennen war, wie ihn auch die Milchstraße besitzt und mit ihr mindestens die Hälfte der heutigen Spiralgalaxien. Es war lange unklar geblieben, ob dieser stabile Rotationszustand im Laufe der kosmischen Evolution häufiger wurde: Mehrere Untersuchungen widersprachen sich, und erst in den letzten Jahren wuchsen die Indizien, dass mit dem Alter von Galaxien die Balkenrate tatsächlich wächst.

Dies wurde nun bestätigt, mit einem klaren Befund: Er basiert auf der Auswertung von 2380 Scheibengalaxien – 317 davon mit Balken – aus dem COSMOS-Feld, von dem u.a. Hubble besonders tiefe Aufnahmen gemacht hat. Bei einer Rotverschiebung um 1 (d.h. vor rund 8 Mrd. Jahren) lag der Anteil der Balkengalaxien nur bei 11% ± 2%, aber bei 0,4 (also 4 Mrd. Jahren) schon bei 22% ± 5% – und heute könnten es bis zu zwei Drittel sein. Bei den massereichsten Galaxien ist die Balken-Zunahme mit dem Alter ganz besonders ausgeprägt, und sie sind auch maßgeblich für den Gesamttrend verantwortlich: Offenbar setzte bei einer Rotverschiebung nahe 1 – just als das Zeitalter der großen Galaxien-Fusionen sein Ende fand – ein langsamer Entwicklungsprozess ein, der mit nachlassender Sternbildung einhergeht. Bei der Untergruppe besonders inaktiver und alt und rot gewordener Galaxien ist der Balkenanteil in der Tat noch einmal stark erhöht, auf 45% ± 5%. Die Kausalzusammenhänge sind indes noch weniger klar: Man hatte auch einmal gedacht, dass die Existenz eines Balkens die Sternentstehung sogar anregen könnte.

Daniel Fischer

Originalarbeit:
arxiv.org/abs/1401.3334
RAS-Pressemitteilung:
www.ras.org.uk/news-and-press/news-archive/254-news-2014/2383-hubble-and-galaxy-zoo-find-bars-and-baby-galaxies-don-t-mix
Hintergründe:
blog.galaxyzoo.org/2014/01/16/first-result-from-galaxy-zoo-hubble

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*