Skulptur aus kollidierenden Sternwinden – von einem gefährlichem Doppelstern?

Die Sternwind-Skulptur um den Stern "Apep" bei 8,9 µm Wellenlänge: ein echtes Bild des VISIR-Instruments am Very Large Telescope der ESO. In Blau darüber vom NACO-Instrument ein Dreifach-Sternsystem, aus einem nicht aufgelösten Paar unten (das für die erstaunliche Staubstruktur sorgt) und einem unbeteiligten Begleiter. [ESO/Callingham et al.]

Eine spiralförmige Staubwolke, 12 Bogensekunden groß und nur – mit Großteleskopen – im thermischen Infraroten zu sehen, umgibt ein enges Paar aus zwei Wolf-Rayet-Sternen, das aber bisher übersehen wurde, auch wenn es schon als Röntgenquelle 2XMM J160050.7-514245 katalogisiert war. Aber jetzt hat es sich als mögliches Vorgänger-System für lange Gamma-Ray Bursts entpuppt – nicht in einer fernen Galaxie sondern (als erster bekannter Kandidat überhaupt) in der Milchstraße.

Wolf-Rayet-Sterne sind die letzte Entwicklungsstufe der massereichsten Sterne, bevor sie als Supernovae untergehen – und wenn sie einen Begleiter besitzen, können die Sternwinde beider Komponenten erstaunliche Staub-Spiralen im Raum erzeugen, wo sie miteinander kollidieren. Ein paar solcher Fälle sind schon bekannt, aber dieser – mit dem Spitznamen Apep, nach einem altägyptischen Schlangengott – fällt aus dem Rahmen. Denn die staubige Struktur dehnt sich mit nur 570 km/s aus, wie der Vergleich von Bildern in zeitlichem Abstand zeigt, während die Windgeschwindigkeit – direkt spektroskopisch zu rund 3400 km/s gemessen – um eine Größenordnung höher ist. Derlei Diskrepanzen gibt es bei den vergleichbaren Systemen nicht: ein „tiefer Widerspruch“, der wohl nur aufgelöst werden kann, wenn von dem System zwei ganz unterschiedlich schnelle Sternwinde ausgehen. Ein plausibles Szenario wäre, dass einer der Sterne in seiner Äquatorebene einen langsamen Wind absondert, an seinen Polen aber einen viel schnelleren (den die Spektroskopiker sehen).

Eine Computer-Simulation des Staubmusters, erzeugt durch kollidierende Winde des Doppelsystems in der Mitte: Die Ähnlichkeit mit der VISIR-Aufnahme oben ist ein sehr starkes Indiz, dass die Staubstruktur genau so zustande gekommen ist. [Callingham et al.]
Der Begleiter, der in der Nähe des Äquators umläuft, sieht mithin den schnellen Wind gar nicht, und die Staubstruktur aus der Windkollision expandiert entsprechend langsam. Dieses Szenario ist für den Fall Apep auch schon im Computer durchgespielt worden (Bild unten), und die Autoren bescheinigen sich selbst „bemerkenswerte Arbeit“. Allerdings muss die Staubproduktion in dem Modell abrupt an- und ausgeschaltet werden, mit keiner Neubildung während eines Viertels des Umlaufs. Doch das ließe sich wiederum gut verstehen, wenn die Umlaufbahn des Begleiters etwas gegen den Äquator des Sterns mit dem langsamen Wind geneigt ist: Nur während er durch die Äquatorebene taucht, kollidieren beider Winde. Das Systen Apep ist damit ein schönes Laboratorium für solche Prozesse – und bietet sich auch als Vorgängersystem für Gamma-Ray Bursts der langsamen Art an: Hinter diesen immens starken Explosionen, quer durch den Kosmos zu sehen, werden nämlich fast maximal schnell rotierende Wolf-Rayet-Sterne vermutet. Und extrem anisotroper Sternwind wie hier offenbar im Spiel ist das Ergebnis solch rasanter Rotation.

LINKS:
Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1811.06985
Artikel des 1. Autors: https://astronomycommunity.nature.com/users/181582-joseph-callingham/posts/40890-riding-the-serpent-the-discovery-and-study-of-apep
Univ. Sydney Release: https://sydney.edu.au/news-opinion/news/2018/11/20/doomed-star-in-milky-way-threatens-rare-gamma-ray-burst.html
ESO Release: https://www.eso.org/public/news/eso1838
Univ. Sheffield Release: https://www.sheffield.ac.uk/news/nr/new-star-systems-discoveries-space-universe-wolf-rayet-supernova-observe-1.816924

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