Manches Sternsystem ist durch Begegnungen mit anderen Galaxien sichtbar in Mitleidenschaft gezogen worden, aber oft sind die Folgen von Schwerkraftstörungen oder gar Verschmelzungen subtil: Erst „tiefe“, lang belichtete Aufnahmen machen schwache Strukturen zwischen oder neben Galaxien sichtbar, die eine dynamische Vergangenheit enthüllen. Zum Beispiel in der bekannten kompakten Galaxiengruppe Stephans Quintett: Eine neue und sehr tiefe Farbaufnahme mit der MegaCam am Canada-France-Hawaii Telescope (3,6 Meter; Hawaii) zeigt bekannte aber auch neue diffuse Strukturen. Insbesondere einen ausgedehnten rötlichen Halo aus alten Sternen vor allem um NGC 7317 – im Bild unten rechts – aber in großen Bereichen der Gruppe präsent: Hier leuchten eindeutig sehr alte Sterne, was auf ein Alter der Gruppe von mehreren Milliarden Jahren hinweist. Auch neu: Der „outer tail“ unten links verbindet NGC 7320 (unten Mitte) mit NGC 7320c (ganz links), was eine wichtige Rolle dieser bisher eher ignorierten Galaxie bei der Dynamik der Gruppe aufzeigt. Modellrechnungen von deren komplizierter Entwicklung müssen nun an das neue tiefe Bild angepasst werden.
Ein Gegenstück zu den beiden Magellanschen Wolken, den auffälligen kleinen Nachbarn der Milchstraße am Südhimmel, dürften die beiden wechselwirkenden Zwerggalaxien UGC 4703 und 4703B darstellen, die wie diese mit einem Band aus Sternen verbunden sind (während die etwas abseits liegende große Spiralgalaxie NGC 2718 die Rolle der Milchstraße spielt). Das Paar war bei einer systematischen Suche nach solchen ziemlich seltenen Konfigurationen in der Sloan Digital Sky Survey (2,5 Meter; New Mexico) entdeckt worden, auch Archivdaten vieler anderer Himmelsdurchmusterungen wurden hinzu gezogen. Genau betrachtet besteht die Sternen-Brücke aus zwei Strängen (S1 und S2), die von jeweils einer der Galaxien ausgehen. Neutraler Wasserstoff, wie er sich zwischen den beiden Magellanschen Wolken erstreckt, fehlt hier allerdings, wohl weil die Galaxien gasarm sind. TDG markiert gleichwohl eine mögliche ‚Tidal Dwarf Galaxy‘, also einen „Gezeitenzwerg“, der sich bei der Wechselwirkung der beiden aus geschocktem Gas gebildet haben könnte: Der Klumpen ist deutlich blauer als die Stränge, ein Zeichen für junge Sterne. Auch eine scheinbar völlig einsam im Raum stehende und ungestörte Galaxie verdient einen tiefen Blick: Das beweist das Beispiel Messier 77 alias NGC 1068, eine archetypische Seyfert-Galaxie (dieser Typ aktiver Galaxien wurde übrigens vor genau 75 Jahren eingeführt). Sie wird in der Literatur als symmetrische Spiralgalaxie ohne jede offensichtliche Störung durch ein anderes Sternsystem beschrieben, und auch bei den meisten anderen Seyfertgalaxien gibt es keine nennenswerten Deformationen durch Verschmelzungen. Aber wieder zeigen tiefe Aufnahmen mehr, hier mit zwei Großfeldkameras am japanischen Subaru-Teleskop (8,4 Meter; Hawaii): Da gibt es einen ausgedehnten Bogen neben M 77 und mehrere lichtschwache „Ultra Diffuse Objects“. Beides lässt sich zwanglos als Ergebnis einer kleinen Galaxien-Verschmelzung verstehen: Ein Begleiter – von ähnlichem Format wie Messier 82, einer der Nachbarn der Andromeda-Galaxie – begann vor mehreren Milliarden Jahren, in Messier 77 hinein zu stürzen. Die Banane aus Sternen, die dem Begleiter durch Gezeitenkärfte entrissen wurden, und die UDOs (die auf einer Art Ring um M 77 liegen könnten) blieben als Zeugnisse der Verschmelzung zurück, während die Aktivität des Galaxienkerns durch die ganze Unruhe sicher auch angefacht wurde.Ähnliche Artikel
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