Der letzte Monat der günstigen Abendsichtbarkeit der Venus ist angebrochen, nachdem sie am 9. Juni ihre grösste östliche Elongation von 45,4° und Halbphase erreichte, nun aber rasant auf die Sonne zu wandert, während der Durchmesser wächst und die Sichel schrumpft und sich die Geometrie am europäischen Himmel schnell verschlechtert. Damit endet ein Vierteljahr, in dem sich das Wesen der Venusforschung grundlegend verändert hat: Mit einem Mal waren zahlreiche Amateurbeobachter gerade auch in Mitteleuropa in der Lage, die Venuswolken und ihre Rotation im Ultravioletten zu verfolgen, womit eine hier Ende 2005 artikulierte Vision Wirklichkeit geworden ist. Die laufend eingehenden Bilder sind u.a. im japanischen Planetenarchiv – neue URL!!! – zu sehen, besonders gute entstanden zuletzt am 12., 11., 10. und 2. Juni und 30., 24. (dito – und sogar mit nur 5½ Zoll!), 23., 22. und 21. Mai. Und die – massgeblich vom sommerlichen Aprilwetter verantwortete – Flut exzellenter Venusaufnahmen, -animationen und -wolkenkarten hat prompt Anerkennung bei der professionellen Venusforschung gefunden!
Diese findet in Deutschland im Wesentlichen im Rahmen des Venus Express (VEX) statt, der seit gut einem Jahr um den Planeten kreist, und als Ende Mai einer der beteiligten Wissenschaftler auf der Violauer Planetentagung als Fachreferent auftrat, hatte er mehrere deutsche Amateuraufnahmen der vergangenen Wochen den entsprechenden (und ansonsten unveröffentlichten) Bildern der Venus Monitoring Camera auf VEX gegenübergestellt. Dessen Ellipsenbahn und das fixe Gesichtsfeld der VEX-Kameras verhindern die permante Überwachung des gesamten Planeten: Die Amateuraufnahmen sind ideal geeignet, um den globalen Kontext für die scharfen Detailaufnahmen vom VEX zu liefern, die in ihrer Schärfe wiederum eine Fülle bisher unbekannte Wolkenphänomene zeigen, insbesondere ausgeprägte Wellenzüge unbekannter Ursache – leider dürfen sie hier (noch) nicht wiedergegeben werden. Um die Kunde von der heutigen Fertigkeit der Amateurvenusbeobachter noch weiter in die Fachwelt zu tragen, werden die besten Ergebnisse dieser Abendsichtbarkeit im August auch auf dem zweiten European Planetary Science Congress in Potsdam präsentiert werden, an dem übrigens Amateurastronomen stark vergünstigt teilnehmen können.
Die wohl umfassendsten Venus-Beobachtungen in einem bestimmten Zeitraum dürften zwischen dem 23. Mai und 9. Juni zustande gekommen sein, als eine umfassende Kampagne mit Profiteleskopen auf der Erde angesetzt war: Praktischerweise fiel die grösste Elongation mit dem Vorbeiflug der NASA-Sonde MESSENGER am Planeten in der Nacht zum 6. Juni zusammen. Der diente zwar in erster Linie zum Abbau von Bahnenergie, um ab nächsten Januar drei Vorbeiflüge am Merkur und 2011 den Eintritt der Sonde in den Orbit um den kaum erforschten Planeten zu ermöglichen. (Auch bei ihm machen sich inzwischen Amateure verdient, wie Bildersammlungen von Merkur und Venus & Merkur vom Juni und Mai zeigen.) Aber die Geometrie des Vorbeiflugs war so günstig, dass diesmal alle sieben Instrumente MESSENGERs eingeschaltet waren, und auch wenn sie nicht unbedingt ideal für die Venusforschung sind, so versprechen die Parallelmessungen mit dem Venus Express und rund 20 Profi-Arbeitsgruppen auf der Erde (sowie natürlich Amateurbeobachtern) manch neue Einsicht über unseren verschleierten Nachbarn. Die 6 Gbit MESSENGER-Daten sind bereits übertragen (beim VEX dauert es aus Bahngründen noch bis heute), und am 14. Juni wurden ein paar der 614 Fotos präsentiert (unten), die allerdings mangels Venus-spezifischer Filter keine Wolkendetails zeigen.
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