Haben totale Sonnenfinsternisse auch heute noch eine wissenschaftliche Bedeutung, wo aufwendige Satelliten oder irdische Spezialteleskope jeden Aspekt der Sonne rund um die Uhr überwachen, von ihrem Innenleben – via Helioseismologie – bis weit in den interplanetaren Raum hinaus? Erstaunlicherweise ja, denn technisch bedingt wird der Innenbereich der äußeren Sonnenatmosphäre, die Korona, ausgelassen: Genau dort finden aber wichtige Prozesse statt, wenn sich solares Gas in Richtung Erde in Bewegung setzt – und wenn der Mond die Sonne ganz bedeckt, ist diese Zone bis einen Sonnenradius über dem Sonnenrand schon mit einfacher Technik zu beobachten. So geschehen während der letzten totalen Sonnenfinsternis am 13. November 2012: Japanische Astronomen haben jetzt die Bilder ausgewertet, die die Teilnehmer mehrerer kommerzieller Finsternistouren zurückbrachten, aus Mareeba in Queensland, Australien und von einem Kreuzfahrtschiff nördlich von Neuseeland. Vom ersten zum zweiten Standort brauchte der Mondschatten 35 Minuten, und in dieser Zeit tat sich in der Korona einiges.
Der Aufwand bei der Auswertung dutzender einzelner Amateuraufnahmen mit Teleobjektiven und Teleskopen zwischen 50mm und 100mm Öffnung war erheblich: So musste beispielsweise bei den australischen Aufnahmen wegen der noch tief stehenden Sonne sogar die Refraktion herausgerechnet werden. Aber am Schluss konnte jeweils ein sehr detailreiches Kompositbild erzeugt und wiederum die Differenz beider Koronazustände gebildet werden: Insbesondere an einer Stelle ist zu sehen, wie sich ein Koronaler Massenauswurf von der Sonne entfernt. Nun werden diese – täglich auftretenden – Prozesse, die direkte Wirkungen auf die Erde haben können, zwar auch von den Sonnensatelliten verfolgt, doch genau die entscheidende Beschleunigungsphase dicht über der Sonnenoberfläche entgeht ihnen. Selbst aus den nur zwei Zeitschritten, die es von der 2012er-Finsternis gibt, lässt sich bereits etwas darüber lernen – und wenn die nächste totale Sonnenfinsternis am 3. November 2013 erst über den Atlantik und dann quer über das zentrale Afrika zieht, gibt es im Prinzip eine Chance auf einige Korona-Schnappschüsse mehr. Auch wenn die Logistik und Totalitätsdauern von nur wenigen Sekunden es den Beobachtern diesmal noch schwerer machen.
Daniel Fischer
arxiv.org/abs/1309.3718 |
www.zam.fme.vutbr.cz/~druck/eclipse/Ecl2012a/0-info.htm |
www.sonnenfinsternis.org/sofi2013t/index.htm |
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