Nach der Aktiven Region mit der Nummer (1)2665, die unlängst als (1)2670 ihre zweite Rotation unternahm, aber weitgehend nur noch als einpoliger Fleck mit Penumbra zu sehen war, ist mit der AR (1)2671 nun die nächste Fleckengruppe auf der Sonne erschienen, die vor allem durch eine rasante Entwicklung auffällt. Von aufmerksamen Beobachtern konnte der äußerste westliche Rand der Gruppe bereits am späten Abend des 14. August 2017 wahrgenommen werden. Einen Tag später sah man sie dann vollständig als C-Gruppe nach der Waldmeierklassifikation. Binnen eines Tages wurde sie zu einer E-Gruppe mit einer fast stündlich komplexer werdenden Penumbrastruktur und in der Nacht zum 18. August hat sie den Sprung in die höchste Stufe, die Waldmeierklasse F, geschafft.
Seit der ersten Sichtung, als die Gruppe noch sehr kompakt wirkte (siehe Abb. 2), was auch mit der perspektivischen Verkürzung zum Sonnenrand hin zu tun hat, zeigten sich regelrechte Entwicklungssprünge. Im voranschreitenden p-Teil (p=preceding, voranschreitend), der stets den westlichen Teil einer Fleckengruppe markiert, formierte sich die Penumbra neu, während sich im nachfolgenden f-Teil (f=following), der das östliche Ende der Gruppe definiert, quasi aus dem Nichts heraus Penumbren bildeten. Im Verlauf der nächsten 48 Stunden wurde das Aktivitätsgebiet immer länger. Das resultiert zum Einen natürlich aus der Entwicklung der Gruppe an sich, zum Anderen aus der Tatsache, dass sie weiter in Richtung Sonnenscheibenmitte rotiert und es damit keine randnahe perspektivische Verkürzung mehr auftritt. Zudem sieht sie aktuell aus wie zwei dicht beieinander stehende kleinere Gruppen. Das kann auf ein baldiges (scheinbares) Auseinanderbrechen hindeuten, muss es aber nicht. Wichtig ist hier der Blick in andere Wellenlängenbereiche und auf das aktuelle Magnetogramm.
Viele (Amateur-)Sonnenbeobachter verwenden neben ihren Weißlicht-Teleskopen auch solche, die für das Hα-Licht konstruiert sind, bzw. setzen entsprechende Hα-Filter ein. So ausgestattet, konnte man schon am 14. August am östlichen Sonnenrand eine helle »Erscheinung« wahrnehmen: ein helles und aktives Flaregebiet. Nur kurze Zeit später wurde hier ein nicht erdwärts ausgerichteter schwacher C2-Flare registriert, dem bislang aber nur ein weiterer am selben Tag folgte. Dabei hat die Gruppe an sich genügend Potential sogar für M-Flares, die aber bislang ausblieben. Auch das ist für die aktuelle Phase des ausgehenden 24. Sonnenfleckenzyklus nicht ungewöhnlich. Fleckengruppen, die im Weißlicht groß und beeindruckend erschienen, waren oft aktivitätsarm im Hα-Licht. Das aktuelle Magnetogramm hingegen zeigt in dem Aktivitätsgebiet eine für Flares ausreichend komplexe Struktur.
Dass Auftreten von Fleckengruppen der Klasse F etwa zwei Jahre vor dem erwarteten Fleckenminimum um das Jahr 2020 herum ist zwar durchaus ungewöhnlich, wie es sich aktuell zeigt, aber nicht unmöglich. Welche Auswirkungen das auf den weiteren Verlauf des ohnehin schon recht seltsamen 24. Zyklus seit Beginn der Zählung im Jahr 1749 hat, ist derzeit ungewiss. Klar ist jedoch, dass keiner der vorherigen Zyklen so gründlich mit Satelliten und mit erdgebundenen Teleskopen überwacht wurde, woraus sich naturgemäß eine ganze Reihe von Fragen ergeben.
So war in einem Vortrag auf der letzten SONNE-Tagung in Hamburg zur aktuellen Zyklusentwicklung anhand der Daten des SONNE-Netzes zu entnehmen, dass möglicherweise eine niedrige Sonnenaktivität, wie man sie derzeit beobachtet, eher der »Normalzustand« und eine hohe Aktivität die Ausnahme sei. Daraus resultierte auch die noch schwache Vorhersage, dass das kommende Minimum angesichts der aktuellen Situation nicht so niedrig ausfallen wird, wie das Minimum 2008/2009.
In eine ähnliche Richtung geht eine aktuelle Studie von Schröder et al., deren Daten mit dem robotischen TIGRE-Teleskop erhoben wurden – einer »Eigenentwicklung« der Hamburger Sternwarte (früherer Name: Hamburger Robotisches Teleskop, HRT) –, die jetzt zum Observatorium La Luz in Mexiko gehört und sich nahe der Hauptstadt des Bundesstaates Guanajuato auf 2400m Höhe im zentralmexikanischen Hochland befindet. Im vorliegenden Fall wird die Sonne in der über der Photosphäre liegenden Chromosphäre spektroskopisch untersucht. Die Arbeiten sind allerdings noch längst nicht abgeschlossen und werden in den kommenden Jahren fortgesetzt.
Danach ist die durch die Konvektion im Innern der Sonne angetriebene magnetische Aktivität der Sonne quasi aus dem Gleichgewicht geraten. Die Folge: Zyklen fallen niedriger aus und erinnern an und das Maunder-Minimum (1645-1715) und das Dalton-Minimum (1795-1830), wo man nur sehr wenige bis gar keine Sonnenflecken beobachten konnte. Das scheint offenbar im Zusammenhang mit der Chromosphären-Emission zu stehen, die etwa durch die Häufigkeit chromosphärischer Fackeln mitbestimmt wird. Aus diesem Gebiet entstammt auch die Strahlung der Sonne im »fernen ultravioletten Licht« zwischen 200 und 280 Nanometern. Und genau die scheint seit einigen Jahren kontinuierlich abzunehmen! Was das langfristig bedeutet und welche Auswirkungen die Ergebnisse auf Fragen wie die nach dem Zustandekommen und den unterschiedlichen Höhen der einzelnen Fleckenzyklen angeht, ist augenblicklich kaum abzuschätzen. Es könnten aber spannende Jahre für Profis und Amateure werden.
Für die totale Sonnenfinsternis am 21. August 2017 dürfte die Gruppe allenfalls für die partielle Phase von Bedeutung sein: sie hat dann noch nicht den Sonnenrand erreicht und kann somit auch keine Protuberanzen am Sonnenrand zeigen.
Nachtrag der Redaktion: Am Sonnenrand taucht gerade (20.08.17) sogar noch eine weitere Fleckengruppe auf.
LINKS:
Gong H-alpha-Network-Monitor: http://halpha.nso.edu/
Schröder et al., Originalveröffentlichung auf dem Arxiv.org-Server: https://arxiv.org/abs/1202.3314
Website des TIGRE-Teleskops: http://www.hs.uni-hamburg.de/DE/Ins/HRT/hrt_main.html
Daten des UV-Spektrometers SORCE: http://lasp.colorado.edu/home/sorce/data/
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