Schwarzes Loch: Einladung zum Dinner

Im Zentrum der Milchstraße befindet sich wie bei den meisten anderen Galaxien auch ein Schwarzes Loch. Dort verhält es sich aktuell recht unauffällig, doch vor ungefähr 350 Jahren sah das vermutlich noch ganz anders aus: Im Vergleich zu heute war es seinerzeit wesentlich aktiver, trat mit seiner unmittelbaren Umgebung in heftige Wechselwirkung und gab Millionen mal mehr Energie ab. Dank einer gigantischen kosmischen Wolke aus molekularem Wasserstoff, die man als Sgr B2 bezeichnet, war man 2004 in der Lage, diesen Teil der Geschichte von Sgr A* (dem Schwarzen Loch) zu enthüllen. Doch die Zeit des Hungerns und des Darbens scheint vorbei. In aller Voraussicht nach 18 Monaten wird das Massenmonster im Zentrum unserer Galaxis damit beginnen, sich erneut eine Gas- und Staubwolke mit der Masse einer Supererde einzuverleiben. Der Orbit des neu entdeckten und dem Untergang geweihten Objektes wird es zu jener Zeit bis etwa auf 36 Lichtstunden an Sgr A* herangeführt haben.

Der Einfluss des Schwarzen Loches wird schließlich groß genug sein, um die Gaswolke zu zerreißen, was im weiteren Verlauf wohl zu einer verstärkten Aktivität des Schwarzen Loches im Röntgenbereich führen wird. Unter günstigen Umständen kann dieser Materiefluss über Jahre anhalten. Eine Reihe von Sternen umkreisen das ca. vier Millionen Sonnenmassen mächtige Schwarze Loch in stabilen Bahnen, doch eine gravitativ so schwach gebundene Masse wie eine Gaswolke hat kaum eine Möglichkeit, der intensiven Anziehungskraft des Galaxienzentrums zu entkommen. Und tatsächlich lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt schon der sogenannte »Spaghetti-Effekt« beobachten: Vor dem Hintergrund des immensen Gravitationsfeldes und den somit wirkenden extremen Gezeitenkräften, erfährt die Gaswolke in der Nähe eines Schwarzen Loches vertikale/horizontale Streckungen in Richtung der Massenansammlung, die ihr eine entfernte Ähnlichkeit mit langen Spaghettis verleihen. Noch ist allerdings nicht gänzlich die Möglichkeit ausgeschlossen, dass es sich bei der Gaswolke eben doch nicht um eine solche, sondern um einen Stern inmitten einer Gaswolke handeln könnte. Die niedrige Temperatur von lediglich 275°C spricht jedoch klar gegen die Möglichkeit eines Sterns, der gute Chancen hätte, die enge Begegnung mit dem Schwarzen Loch zu überstehen.

Lars-C. Depka

Nature-Artikel (PDF):
www.eso.org/public/archives/releases/sciencepapers/eso1151/eso1151.pdf
ESO-Pressemitteilung:
www.eso.org/public/germany/news/eso1151
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