Schwankte Schiaparelli zu heftig am Fallschirm?

Spuren einer missglückten Marslandung, jetzt von der hochauflösenden Kamera HiRISE des Mars Reconnaissance Orbiters aufgenommen: die Einschlagstellen Schiaparellis (links) und seines Hitzeschilds, jeweils auch heraus vergrößert. Nicht in diesem Ausschnitt der ebenfalls aufgenommene Fallschirm. [NASA/JPL-Caltech/Univ. of Arizona]

Acht Tage nach der Bruchlandung des europäischen Mars-Landedemonstrators Schiaparelli klafft eine weite Schere zwischen den wenigen offiziellen Erklärungen der ESA zu Fortschritten der Untersuchung und einer Reihe Interview-Aussagen mehrerer führender Manager, die ein relativ schlüssiges Bild der fatalen Ereigniskette zu zeichnen scheinen – aber bereits in weniger als zwei Wochen soll der amtliche Bericht fertig sein, der auch politisch von einiger Bedeutung sein wird.

Festgelegt hat sich die ESA in schriftlichen Erklärungen bisher nur darauf, dass der Fallschirm zu früh abgeworfen und danach die Bremstriebwerke nur Sekunden lang betrieben und dann abgeschaltet wurden, so dass Schiaparelli aus 2 bis 4 km Höhe – genauer scheint man es immer noch nicht zu wissen – ungebremst abgestürzt ist. Ein nun vorliegendes hochauflösendes Bild der Einschlagsstelle (oben) zeigt einen 2,4 m großen flachen Krater mit unerwartet asymmetrischen Ejekta: Das könnte auf ein explosives Ende des vielen im Tank verbliebenen Hydrazin-Treibstoffs hindeuten, denn ein simpler Einschlag hätte ein symmetrischeres Muster hervorrufen sollen. Diese Aufnahme der Super-Marskamera HiRISE auf dem Mars Reconnaissance Orbiter der NASA, der weitere bei anderen Lichtverhältnissen folgen sollen, ist aber nur ein kleines Mosaiksteinchen bei der Aufklärung des Crashs, die vor allem auf der live gesendeten Telemetrie beruht. Und was dabei heraus gekommen ist, darüber haben sich gegenüber deutschen und italienischen Medien diese Woche u.a. mehrfach der ESA-Direktor für Missionsbetrieb und ESOC-Chef Rolf Densing sowie der Programm-Manager der für Schiaparelli hauptverantwortlichen Firma Thales Alenia Space, Walter Cugno, geäußert.

Das Unheil begann demnach mit unerwartet heftigen Bewegungen des Fallschirms und des daran hängenden Landedemonstrators: So etwas sei, so Densig, zuvor „bei tausenden Versuchen einige wenige Male aufgetreten“. Und nun kam die Software des Radarhöhenmessers mit den resultierenden Daten offenbar nicht zurecht, meldete absurde Werte (etwa eine Höhe von 2500 Metern unter der Marsoberfläche!) und/oder – da decken sich die Darstellungen Densings und Cugnos nicht recht – kommunizierte nicht mehr korrekt mit dem zentralen Navigationsrechner. Dieser wiederum zog aus den Daten des Radars bzw. deren Ausbleiben den fatalen Fehlschluss, dass die Landung bereits erfolgt sei und löste in rascher Folge die restlichen Schritte der Abstiegssequenz – Fallschirmabwurf und minimale Brenndauer der Landetriebwerke – aus, obwohl Schiaparelli noch mehrere Kilometer vom Boden entfernt war. Ob wirklich genau diese Kausalkette und damit dominant Mängel in der Software eines oder mehrerer Rechner an Bord für den Absturz verantwortlich waren, soll bereits am 8. oder 9. November in einem offiziellen Untersuchungsbericht zu lesen sein. Da einige der nun verdächtigten Systeme auch bei der Landung des Rovers von ExoMars 2020 eine Rolle spielen sollen, über dessen Schicksal wiederum der ESA-Ministerrat Anfang Dezember befindet, kommt ihm eine ganz besondere Bedeutung zu. Der Trace Gas Orbiter wird derweil am 20. November mit Testbeobachtungen seiner Instrumente beginnen.

Daniel Fischer

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