Noch kann es keine Kunde geben, wie dem Saturn-Orbiter Cassini heute Mittag MESZ der erste Flug zwischen dem Innenrand des Ringsystems und den Wolken des Planeten hindurch bekommen ist, denn die Funkverbindung soll erst morgen Vormittag wieder hergestellt werden. Aber es gibt nun keinen keinen Zweifel mehr: Das Ende der größten Forschungsreise zum Saturn, die vor 20 Jahren begann, rückt unaufhaltsam näher – denn diese spezielle Umlaufbahn ist die letzte Cassinis und führt unweigerlich zu seiner Entsorgung im Planeten am 15. September, selbst wenn wider Erwarten keine Kontrolle mehr möglich sein sollte.
Die kontrollierte Vernichtung von Orbitern der Riesenplaneten am Ende ihres Lebens – Cassini hat nach 13 Jahren Manövern am Saturn fast keinen Treibstoff mehr – wird heute als Pflicht betrachtet: Jupiter wie Saturn besitzen mit z.B. Europa, Titan und Enceladus große Monde, wo zumindest Vorstufen der Biologie abgelaufen sein könnten, und die sollen nicht versehentlich mit Raumfahrzeugen voll irdischer Bakteriensporen kontaminiert werden. Was geschehen könnte, wenn eine Raumsonde steuerlos in der Nähe des Planeten verbleibt: Deswegen wurde Galileo 2003 geradewegs in den Jupiter gesteuert, um komplett zu verglühen, und Cassini steht am 15. September im Saturn dasselbe Schicksal bevor. Der Weg dahin ist aber ein besonderer: Durch einen letzten großen Schwerkraft-Kick des großen Monds Titan hat sich Cassini bei einem 979 km hohen Vorbeiflug vor vier Tagen – den 127. nahen insgesamt – auf eine Umlaufbahn begeben, wie sie um der Sicherheit des Orbiters willen noch nie eingenommen worden war (Grafik): Sie führt nun 22-mal zwischen der Atmosphäre Saturns und dem Innenrand seines Ringsystems hindurch, was noch einmal ganz neue Perspektiven und Forschungsmöglichkeiten bietet. Und das etwas erhöhte Risiko, dass Cassini von einem verirrten Ringteilchen getroffen wird, auch wenn theoretisch in dieser Zone nur ganz feiner Staub zu erwarten ist.
Jeder der 22 finalen Saturn-Orbits – um 63° gegenüber dem Saturn-Äquator geneigt – dauert rund eine Woche: In Planetennähe versprechen sie aus nur wenigen tausend km Höhe die detailliertesten Beobachtungen Saturns während der gesamten Mission mit zahlreichen Instrumenten und zugleich eine außergewöhnliche Perspektive auf die Ringe. Auch das Schwere- und das Magnetfeld Saturns werden vermessen, und selbst die schwache Schwerkraft der Ringe könnte sich bemerkbar machen. All diese Messungen finden ohne Funkkontakt mit der Erde statt: Cassini dreht sich jeweils so, dass die große Kommunikationsantenne als Schutzschild dient. Erst Stunden später wird sie wieder Richtung Erde gedreht: Um 9:05 MESZ dürfte der Funkkontakt nach der Premiere wieder stehen, und mit der Übertragung erster Bilder von heute darf ab eine halbe Stunde später gerechnet werden. Die nächsten Annäherungen an den Saturn sind am 2., 9. und 15. Mai – und ab dem 14. August wird jeweils schonmal kurz in die Planetenatmosphäre eingetaucht. Das Ende kommt schließlich am 11. September, wenn ein entfernter Vorbeiflug am Titan Cassinis Bahn ein wenig so anlenkt, dass sie tief in die die Atmosphäre Saturns führt. Die letzten Bilder werden ein paar Stunden vor dem Verglühen am Mittag MESZ des 15. September gemacht und übertragen, ein paar Instrumente – insbesondere ein Spektrometer zur direkten Analyse der Atmosphärenchemie – arbeiten aber bis zum Schluss und senden in Echtzeit.
LINKS:
Cassinis Großes Finale: https://saturn.jpl.nasa.gov/grandfinale
Die letzten Orbits: https://saturn.jpl.nasa.gov/mission/grand-finale/grand-finale-orbit-guide
Pressekonferenz zum Missions-Ende: http://client.cntv.at/egu2017/press-conference-6
Hintergrund-Artikel: https://theconversation.com/bittersweet-feeling-as-cassini-mission-embarks-on-its-grand-finale-ahead-of-death-plunge-76670
Aufwändiges NASA-Video: https://www.youtube.com/watch?v=xrGAQCq9BMU
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