»Rote Novae«: eine neue Art von Sternexplosionen nach Verschmelzungen zweier Sterne?

M 85 Optical Transient 2006-1 wird ein ungewöhnlicher Sternausbruch genannt, der am 7. Januar 2006 in der Galaxie Messier 85 im Virgo-Haufen entdeckt wurde und der schliesslich eine maximale absolute R-Helligkeit von -12M erreichte: gut 10-mal heller als eine Nova aber andererseits mindestens 10-mal schwächer als eine Supernova des Typs Ia, wie man sie in solch einer Linsengalaxie erwarten würde (Kulkarni et al., Nature 447 [24.5.2007] 458-60). An der Stelle des Ausbruchs zeigten alte Aufnahmen auch keinen auffälligen Stern, so dass die Eruption eines Luminous Blue Variable ausgeschlossen werden kann. Zwei Monate lang strahlte die Quelle, die 70 Tage lang ein Helligkeitsplateau hielt, eine Energie von insgesamt 1047 erg ab, dann verblasste sie wieder. Und die vielleicht führende Hypothese für diesen Sternausbruch – und eine Handvoll ähnliche – ist die Verschmelzung zweier Sterne.

Können Luminous Blue Variables als Supernovae explodieren?
Die Physik zugegebnermassen nur »a half-baked idea«, aber die Beobachtung bipolarer Nebel um die Supernova 1987A und andere Sterne scheint zu demonstrieren, dass massereiche Sterne auch als LBVs explodieren können und nicht nur, wie die Standardtheorie der Typ-II-Supernovae besagt, als Wolf-Rayet-Sterne. • Die – vielleicht bald – bevorstehene Supernova-Explosion des massereichen Sterns Eta Carinae ist vermutlich harmloser als oft gedacht und sollte die Biosphäre der Erde nicht ernsthaft in Mitleidenschaft ziehen.

Die bekanntensten Parallelen sind Messier 31 RV, der 1988 in der Andromeda-Galaxie aufflammte, und V 838 Monocerotis in unserer eigenen Milchstraße, der dank mehrerer farbenprächtiger Eruptionen spektakuläre und dynamische Lichtechos an den Hubble-Himmel zaubert. Letzerem Stern wurde vergangenes Jahr eine ganze Tagung gewidmet, und wie Ohrenzeugen berichten (New Scientist vom 7.4.2007 S. 32-6), war man sich praktisch einig, dass entweder der Sturz mehrerer großer; Planeten in einen Stern oder die Verschmelzung zweier Sterne die einzigen plausiblen Erklärungen für V838 Mon sind: stellarer »Kannibalismus« der einen oder anderen Art also. Die Beobachter von M 85 OT2006-1 sprechen sich im Abstract ihres Papers zwar auch für die Verschmelzungshypothese aus, bleiben aber im Detail unverbindlich. Doch dass sie einen neuartigen Typ Sterneruption gesehen haben, glauben sie schon: »Luminous Red Nova« schlagen sie als Name dafür vor.

Daniel Fischer

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