Schon seit Jahren freuen sich Astrophysiker auf ein seltenes Ereignis, das nun diesen Sommer eintreten wird: Ein gut zu verfolgender Stern rast dicht am mutmaßlichen Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße und sollte dabei deutlich messbare Effekte der Allgemeinen Relativitätstheorie erleben. Und jetzt steht auch fest, dass dieser Stern ein Einzelstern ist oder nur einen so bescheidenen Begleiter hat, dass diese Messungen nicht nennenswert gestört werden sollten.
Für die Untersuchung wurden insgesamt 87 Messungen der Radialgeschwindigkeit von S0-2 verwendet, also seiner Geschwindigkeit relativ zur Sichtlinie, die meisten aus der Literatur – und zwar beider konkurrierenden Arbeitsgruppen in den USA und Europa, die seit Jahrzehnten das Galaktischen Zentrum mit den Keck-Teleskopen auf Hawaii und Teleskopen in Chile beobachten: Die Daten für S02 bzw. S2 (man hat sich auf keine einheitliche Nomenklatur geeinigt) passen gut zusammen. 12 neue Messungen mit dem 10-Meter-Teleskop Keck I aus den Jahren 2014 bis 2016 kamen noch dazu, und das Ergebnis – Kurvenzug in der Grafik unten – ist klar: Ein Modell mit ausschließlich der Bahnbewegung um das Schwarze Loch „Sgr A*“ beschreibt alle Messungen bestens, es gibt kein zusätzliches periodisches Signal, das die Schwerkraft eines Begleiters hervorrufen würde. Zur Absicherung wurde gleichzeitig auch noch die Bahn des Sterns S0-38 analysiert, so dass langjährige Störungen aufgefallen wären. S0-2 mit seinen 15 Sonnenmassen kann demnach höchstens einen Begleiter von 1,6 Sonnenmassen haben, der es auch nur auf 1/40 seiner Helligkeit brächte: Ein größerer Partner hätte sich auch im Spektrum bemerkbar gemacht.
Die Einsamkeit von S0-2 – ein Verdacht auf eine Doppelnatur hatte durchaus bestanden – ist eine gute Nachricht für seine „Anwendung“ dieses Jahr: Auf seiner elliptischen Umlaufbahn nähert er sich dem Schwarzen Loch bis auf 17 Lichtstunden, so dass sich deutliche Gravitations-Rotverschiebung einstellen sollte. Das starke Schwerefeld von Sgr A* mit seinen über 4 Mio. Sonnenmassen sollte die Strahlungsfrequenz des Lichts von S0-2 spürbar verringern, und eine zusätzliche Komponente der Radialgeschwindigkeit durch einen größeren Begleiter hätte den Nachweis dieser noch nie direkt beobachteten Vorhersage der Allgemeinen Relativitätstheorie erschwert. Was maximal noch möglich wäre, fällt nun nicht mehr ins Gewicht. Das Ausschließen einer Doppelnatur des Sterns ist allerdings auch eine schlechte Nachricht: Damit bleibt so unklar wie zuvor, wie dieser und die anderen massereichen „S“-Sterne in der Nähe von Sgr A* überhaupt entstanden sind. Ein Einzelstern passt sowohl zu einem von Gezeitenkräften zerrissenen früheren Doppelsystem (von dem dann eine Komponente Richtung Zentrum fiel und die andere mit hoher Geschwindigkeit entwich) wie zu einer langsamen Wanderung nach innen.LINKS:
Originalarbeit: https://arxiv.org/abs/1709.04890
Zusammenfassung: http://aasnova.org/2017/10/17/is-s0-2-a-binary-star
Keck Press Release: http://www.keckobservatory.org/recent/entry/S02_Single
GZ-Webseite der UCLA: http://www.galacticcenter.astro.ucla.edu
GZ-Webseite des MPE: http://www.mpe.mpg.de/ir/GC
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