Meldungen aus der Forschung

Nobelpreis für die Gravitationswellen: Und die Gewinner sind …

Die Wahl der zu ehrenden Entdeckung war ein Kinderspiel: Dass die LIGO-Detektoren und der erste direkte Nachweis der Gravitationswellen 2015 mit den Physik-Nobelpreis 2017 – formell die erste Gelegenheit – ausgezeichnet würden, war quasi alternativlos, zu epochal war diese wissenschaftlich-technische Leistung. Spannend war eher, welche maximal drei Wissenschaftler konkret geehrt werden würden: Die Wahl deckt clever alle drei Aspekte eines solch gewaltigen Unterfangens ab.

Es ist schon ein Ritual geworden: Jeden Oktober, wenn in Stockholm die Nobelpreise bekannt gegeben werden, wird gezetert – und ganz besonders bei der Physik. Wie könne man heutzutage nur einzelne Wissenschaftler heraus greifen, wo doch in der Regel dutzende, hunderte oder (namentlich in der Teilchenphysik) tausende Forscher gemeinsam arbeiten und am Ende auch auf den Veröffentlichungen stehen? Der Nobelpreis, der per altem Statut an maximal drei Personen und keine größeren Teams oder Organisationen vergeben werden kann, sei völlig überholt, gar schädlich, weil er der Öffentlichkeit das Bild einsam werkelnder Forschungs-Helden vorgaukle. Die Wissenschaftsgeschichte auf einzelne Stars – Kopernikus! Newton! Einstein! – zu reduzieren, ist in der Tat eine bedenkliche Vereinfachung, doch die drei für die Gravitationswellen Ausgezeichneten haben heute bei jeder Gelegenheit betont, dass sie die Ehrung nur stellvertretend für Tausende im Hintergrund entgegen nehmen und dass gerade die Entwicklung der LIGO-Detektoren mit ihrer unfassbaren Messpräzision für winzigste Deformationen des Raumes nur in Kooperation ganz vieler Gruppen gelingen konnte.

Dass es aber trotzdem eine gute Sache ist, einige wenige in den Vordergrund zu stellen, betont ausgerechnet einer, der ebenso leer ausging wie der ganze Kontinent Europa, aus dem immerhin wesentliche Ideen zur Verbesserung der Messgenauigkeit der amerikanischen Detektoren stammen: Für Karsten Danzmann vom MPI für Gravitationsphysik bekommt das wissenschaftliche Monsterprojekt so ein menschliches Gesicht, mit dem auch die Öffentlichkeit etwas anfangen kann. Genauer gesagt drei Gesichter, die sich im Tagesverlauf auch am MIT an der US-Ost- und dem Caltech an der Westküste zeigten. Mit ihnen hat das Nobelkomitee eine ausgewogenere Wahl als z.B. bei den Neutrino-Oszillationen (nur Experimentatoren) oder dem Higgs-Teilchen (nur Theoretiker) getroffen. Denn Rainer „Rai“ Weiss – 1932 in Deutschland geboren aber schon nach Monaten mit der Familie emigriert – hat um 1972 die damals absurd scheinende Idee von Riesen-Interferometern für den Nachweis der winzigen Gravitationswellen mit aus der Taufe gehoben und dann ihre Realisierung im nötigen großen Stil vorangetrieben. Barry Barish wurde der entscheidende Manager für das gewaltige internationale Projekt. Und Kip Thorne schließlich ist ein führender Theoretiker, der den anderen sehr konkrete Hoffnung auf tatsächlich beobachtbare kosmische Quellen machen konnte: Die begannen sich prompt zu melden, kaum dass LIGO 2015 endlich die nötige Empfindlichkeit erreicht hatte – und Weiss und Barish schon lange nicht mehr ‚im Amt‘ waren.

Links:

Unterlagen des Nobel-Komitees: https://www.nobelprize.org/nobel_prizes/physics/laureates/2017
Press Release des LIGO-Projekts: https://www.ligo.caltech.edu/news/ligo20171003
Press Release des MIT: http://news.mit.edu/2017/mit-physicist-rainer-weiss-shares-nobel-prize-physics-1003
Press Release vom Caltech: http://www.caltech.edu/news/barish-and-thorne-awarded-nobel-prize-physics-52463
Pressemitteilung der MPG: https://www.mpg.de/physik-nobelpreis-gravitationswellen
Portrait von Weiss: http://www.sciencemag.org/news/2016/08/meet-college-dropout-who-invented-gravitational-wave-detector
Portrait von Barish: http://www.sciencemag.org/news/2016/09/will-nobel-prize-overlook-master-builder-gravitational-wave-detectors

Daniel Fischer

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Daniel Fischer

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