Methan auf dem Mars: alte Daten, bessere Analyse, keine Antworten

Eine »Analyse der Marsatmosphäre« hatte die NASA in einer Presseeinladung für den 15. Januar angekündigt, »die Leben oder geologische Aktivität möglich erscheinen lässt« — doch die Aufregung unter Fachjournalisten hielt sich in Grenzen: Die Liste der Sprecher machte klar, dass es wieder einmal um Spuren des Gases Methan in der Marsatmosphäre gehen würde, wie sie bereits seit fünf Jahren von drei unabhängigen Arbeitsgruppen in unterschiedlich überzeugender Weise präsentiert werden. Und genau so lange wird bereits darüber diskutiert, was die Quelle dieses flüchtigen Gases — so es denn vorhanden ist — sein mag: ein geologischer Prozess unter der Marsoberfläche, entweder irdischen verwandt oder exotisch? Oder war das Methan vielmehr das Werk von Bodenbakterien, in der Vergangenheit oder gar Gegenwart? Auch diesmal würde diese Frage so unbeantwortet bleiben wie zuvor, das wurde schon zu Beginn der Pressekonferenz deutlich — und auch in der zeitgleich verbreiteten wissenschaftlichen Arbeit tauchen Spekulationen über primitives Marsleben nur am Rande auf. Neu waren nicht einmal die Daten selbst: Es waren diejenigen aus dem Mars-Nordsommer 2003, die Michael Mumma und Mitarbeiter bereits 2004 vorgelegt hatten, diesmal ergänzt durch weitere Messungen von 2006 aus einer kühleren Jahreszeit. Doch die Analyse der spektralen Absorptionsspektren im nahen Infraroten mit zwei Teleskopen auf Hawaii war nun erstmals so weit fortgeschritten, dass sich die ausgedünnten Methandämpfe nicht nur klarer denn je abzeichneten, sondern auch räumlich eingrenzen ließen. Das war mit Messungen eines Instruments auf dem Marsorbiter Marsexpress nicht möglich gewesen, das seinerzeit — fast zeitgleich — die generelle Anwesenheit von Methan gezeigt hatte. Denn trotz des millionenfach größeren Abstandes gewinnen große Teleskope auf der Erde — die IRTF und Keck 2 — mit ihren aufwändigen Spektrometern gegenüber kleinerem Gerät im Orbit, das viel länger »belichten« muss und deswegen nicht scharf »sehen« kann.

Die Methan-Konzentration in der Marsatmosphäre zu einem Zeitpunkt im Nordsommer. Viel ist es nicht: Die Farbskala zeigt Teile pro Milliarde an. [NASA]
Die neuen teleskopischen Methankarten weisen zwar auf bevorzugte Regionen des Mars hin, die aufhorchen lassen, weil sie oft auch Spuren von Wasser in ferner Vergangenheit aufweisen, aber bestimmte Punkte, wo das Methan ausströmt (mit global gerade einmal einem Kilogramm pro Sekunde), kann man nicht ausmachen. Es ist noch nicht einmal klar, ob das Gas aus eng begrenzten Öffnungen stammt oder großflächig aus dem Boden austritt. Einzig aktiver Vulkanismus kann als sein Ursprung ausgeschlossen werden, denn dann würde auch Schwefeldioxid frei — und das sieht man nicht. Es bleiben eine Reihe geologischer Prozesse im Boden ebenso übrig wie Ausdünstungen von Bakterien, doch entscheiden lässt sich das mit heutiger Methodik absolut nicht. Mumma forderte auf der Pressekonferenz — ohne dass die anwesenden NASA-Manager darauf eingingen — eine neue Generation von Marsorbitern, um viel genauere Quellenkarten zu erstellen als sie selbst die besten irdischen Teleskope mit Adaptiver Optik zustande bringen. Erst dann mache es Sinn, gezielt bei solch einer Quelle zu landen. Ob es Sinn machen würde, den gerade um zwei Jahre auf 2011 verschobenen nächsten NASA-Marsrover MSL zumindest in die Nähe einer vielversprechenden Region zu schicken, wird immerhin diskutiert. Wenn die biologische Erklärung zutreffen sollte, wäre es immer noch ein Riesenproblem, einen konkreten Nachweis zu führen: Die Methanmengen in der Atmosphäre sind so gering, dass bereits ein hauchdünner Bakterienfilm in Klüften in großer Tiefe zu ihrer Erklärung ausreichen würde. So dürfte sich die Forschung noch lange auf die Überwachung der Methanschwaden in der Atmosphäre beschränken, die auch noch weitere Rätsel aufgeben. Der Vergleich der Messungen von 2003 und 2006 offenbarte nämlich eine starke Abnahme der Gaskonzentration in der Marsatmosphäre, die Abbau durch Sonneneinstrahlung alleine unmöglich erklären kann: Komplizierte chemische Prozesse, vermutlich beschleunigt durch Oberflächeneffekte auf aufgewirbelten Staubteilchen, müssen herangezogen werden — ganz egal, wie das Methan überhaupt in die Atmosphäre gelangt ist.

Daniel Fischer

Die Veröffentlichung: images.spaceref.com/news/2009/Mumma_et_al_Methane_Mars_wSOM_accepted2.pdf
Analyse des Medienechos: ksjtracker.mit.edu/?p=8369
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