Meilensteine — und Verwirrung — in der Welt der Exoplaneten

Ein Planet am Rande der prinzipiell bewohnbaren Zone — um einen Roten Zwerg — könnte nach neuen Analysen Gliese 581d sein: Hier sind dieser Bereich, in dem flüssiges Wasser möglich ist, als Funktion von Sternmasse und -abstand und die Planetensysteme von Erde und Gliese 581 eingezeichnet. [ESO, nach einem Diagramm von Franck Selsis, Universität Bordeaux]
Binnen weniger Tage ist die Welt schon wieder mit drei Exoplaneten konfrontiert worden, die jeder für sich eine Meldung wert wären: Einer ist derjenige mit der geringsten direkt bestimmten Masse, nur zwei bis drei Erden schwer, ein anderer liegt zumindest am Rande der bewohnbaren Zone desselben Roten Zwergs — und der dritte kreist um einen Roten Riesen, um den aber ebenso in nur der doppelten Entfernung ein Roter Zwerg läuft, der den Planeten eigentlich gar nicht zulassen dürfte. Der Planet mit einer Minimalmasse von 1,9 Erden und wahrscheinlich nicht mehr als 3 Erdmassen — die genaue Bahnneigung zur Sichtlinie ist die Unbekannte — ist in Radialgeschwindigkeitsmessungen mit dem berühmten HARPS-Spektrographen auf La Silla am Stern Gliese 581 aufgespürt worden, bei dem bereits drei andere Planeten bekannt waren. Der neue, Gliese 581e, hat eine Umlaufszeit von 3,1 Tagen und müsste nach allem, was wir über Planetenphysik zu wissen glauben, eine felsige Welt wie die inneren Planeten des Sonnensystems sein. Sein Radialgeschwindigkeitseffekt auf den Zwergstern beträgt nur 1,9 Meter pro Sekunde, was für HARPS aber kein Problem darstellt!

Die anderen Planeten haben 5,4, 12,9 und 66,8 Tage Umlaufszeit, wobei der letztere Wert für Gliese 581d die Revision einer früher genannten längeren Periode darstellt: Dadurch »rutscht« der Planet näher an den leuchtschwachen Stern heran und könnte sich gerade eben noch in jener Zone aufhalten, wo flüssiges Wasser möglich ist. Ein Ozeanplanet mit 7 bis 14 Erdmassen? Das regt die Fantasie an, bewiesen ist es aber noch lange nicht (und ob die Chemie der Planeten Roter Zwerge überhaupt Leben irgendeiner Art zulassen würde, ist neuerdings auch umstritten). Dafür gibt die Statistik der zahlreichen Entdeckungen massearmer Exoplaneten mit HARPS einiges her: Diese »Supererden« — die mindestens jeder dritte genau genug untersuchte Stern besitzt — bilden eine eigenständige Gruppe, dann gibt es eine Lücke in der Massenverteilung und erst wieder die Gasgiganten. Die Supererden und »Neptune« halten sich am liebsten in Mehrfachsystemen auf, wobei der Gehalt ihrer Sonnen an schweren Elementen egal ist.

Bei den eher dem Jupiter vergleichbaren Exoplaneten ist hingegen schon lange klar, dass sie sich bevorzugt um Sterne mit hoher Metallizität bilden — und es gibt eine ebenso spannende wie verwirrende Entdeckung bei dem Stern Nu Octantis zu vermelden. Dabei handelt es sich um einen Roten Riesen, um den auf einer engen und stark elliptischen Bahn ein Roter Zwerg kreist, der sich nur spektroskopisch bemerkbar macht und eine große Halbachse von 2,6 Astronomischen Einheiten hat. Jetzt ist aber auch das »Signal« eines Planeten von Jupitermasse entdeckt worden, der innerhalb der Bahn des Zwergsterns um den Riesen läuft, mit einer Halbachse von 1,2 AE! Solch eine Konfiguration kann nach heutiger Vorstellung eigentlich gar nicht stabil sein, und bereits die Entstehung des Planeten ist angesichts der ständigen Schwerkraftstörungen von außen ein großes Problem. Vielleicht spielt eine Resonanz zwischen den Orbits der beiden Körper eine Rolle — auf jeden Fall hat die Himmelsmechanik eine neue Herausforderung bekommen.

Daniel Fischer

Streit um die habitable Zone: www.scienceblogs.de/planeten/2009/04/peer-review-die-zweite-runde.php
Nu Octantis: cosmicdiary.org/blogs/john_hearnshaw/?p=185
Daniel Fischer

Share
Published by
Daniel Fischer

Recent Posts

Astronomie im Winter: 3 schnelle Tipps, für die Beobachtung

Im Sommer wundervoll warm aber Astronomie im Winter eine Zumutung? Von wegen. Was Sie machen…

5 Jahren ago

Spix‘ Blick zum Mond: Hesiodus – Lichtspiele und Doppelwall

Die letzte Ausgabe des »Blicks zum Mond« ist noch einmal etwas für Frühaufsteher. Am 1.…

6 Jahren ago

Was ist eigentlich … 66?

Keine Sorge! Ich werde jetzt definitv nicht in irgendwelchen numerologischen Geheimnissen herumkramen und mich über…

6 Jahren ago

InSights Solarzellen offen – mehr Bilder

Nach der perfekten Landung von InSight auf dem Mars und dem Empfang des ersten Bildes…

6 Jahren ago

Eine Landung wie nach Drehbuch: InSight steht in der Elysium Planitia

Die Landung vom InSight auf dem Mars ist noch perfekter abgelaufen als erhofft. Nicht nur…

6 Jahren ago