Rekord: Rotverschiebung über 8

Die Verteilung der Rotverschiebungen aller vom Swift-Satelliten entdeckten Gamma-ray Bursts: GRB 090423 befindet sich in einem ganz neuen Territorium und hat auch die fernste Galaxie und den fernsten Quasar weit hinter sich gelassen, für die es direkt gemessene Rotverschiebungen gibt. [Edo Berger (Harvard-Smithsonian CfA)]
Als der Gamma-ray Burst GRB 090423 am Morgen des 23. April vom Detektor des NASA-Satelliten Swift entdeckt wurde, war zunächst noch nichts außergewöhnlich — doch nachdem die übliche Kette von Nachbeobachtungen in anderen Wellenlängen angelaufen war, fiel noch am selben Tag auf, dass es nur im nahen Infraroten, nicht jedoch im sichtbaren Licht, ein optisches Nachglühen zu sehen gab.

Im H- und J-Band war noch etwas zu sehen, nicht jedoch im Y-Band um 1 Mikrometer: Das bedeutete offensichtlich, dass das Spektrum schon bei einer Wellenlänge von mehr als 1µm »abbrach«, was bei kosmischen Quellen oft durch starke Lyman-Alpha-Absorption durch Wasserstoffgas verursacht wird. Und daraus folgte wiederum — noch am 23.4. — eine wahrscheinliche Rotverschiebung zwischen 7 und 9! Bald wurden umfassendere Photometrie und Spektrografie mit Großteleskopen vorgenommen: Tatsächlich war da eine scharfe Kante im Spektrum, die für eine Rotverschiebung von 8,1 bis 8,3 sprach — was einem gehörigen Sprung in eine neue kosmische Distanzregion entspricht. Bei keiner Galaxie und keinem Quasar wurde jemals eine Rotverschiebung von über 7 direkt gemessen, auch wenn es immer wieder Kandidaten gibt, bei denen man aufgrund ihrer Farbe noch größere Entfernungen vermutet.

Eine Rotverschiebung von 6,5 bedeutet in der heute etablierten Kosmologie mit einem 13,7 Mrd. Jahren alten Universum voll Dunkler Materie und Energie, dass wir ein Himmelsobjekt zu einem Zeitpunkt 850 Mio. Jahre nach dem Urknall sehen, bzw. dass sein Licht 12,8 Mrd. Jahre zu uns unterwegs war. Bei einer Rotverschiebung von 8,2 haben wir es nun mit einem Objekt 630 Mio. Jahre nach dem Urknall — und 13,0 Mrd. Jahren Lichtlaufzeit — zu tun. Kurioserweise ist ausgerechnet bei dem frühesten aller bekannten GRBs nicht auf Anhieb klar, ob er zur »langen« oder zur »kurzen« Kategorie dieser gewaltigen Sternexplosionen gehört: Die beobachtete Dauer fällt haargenau auf die Grenze. Während hinter den langen GRBs die Nebenwirkung der Supernovaexplosion eines besonders massereichen Sterns vermutet wird (die es im jungen Kosmos reichlich gegeben haben muss), steckt hinter den kurzen Bursts vermutlich die Verschmelzung zweier Neutronensterne: Hier wäre es schwer zu verstehen, wie so früh nach dem Urknall schon zwei Sternüberreste miteinander verschmolzen sein könnten.

Daniel Fischer

Rechentool für kosmische Entfernungen: www.astro.ucla.edu/~wright/CosmoCalc.html
Zirkulare des Gamma ray bursts Coordinates Network: gcn.gsfc.nasa.gov/gcn3_archive.html
Daniel Fischer

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