Ganz große; und ganz kleine Teleskope: Doppelasteroid exakt vermessen

Doppelasteroid

Wohl selten haben sich Profiastronomen mit Teleskopen von bis zu 8 Metern Durchmesser und Amateure mit kleinen Geräten so vorteilhaft ergänzt wie bei der präzisen Vermessung des Doppelasteroiden Antiope: Während die Großteleskope die beiden ähnlich großen Körper dank Adaptiver Optik getrennt abbilden und ihre Bahnen ermitteln halfen, hat erst die emsige Photometrie vieler gegenseitiger Bedeckungen der beiden ihre genauen Formen geliefert. Und diese Messungen wären ohne ein zusammengetrommeltes weltweites Netzwerk kleiner Teleskope, darunter Amateuren mit nur 7 Zoll Öffnung, schwerlich zustande gekommen! Die Doppelnatur der 1866 in Düsseldorf entdeckten (90) Antiope war im Jahr 2000 etabliert worden: das erste Paar annähernd gleich großer; Asteroiden. Intensive Beobachtungen mit Adaptiver Optik am Very Large Telescope (Bilder) lieferten ab 2003 den Abstand der beiden Körper von 171 km, ihre Umlaufszeit von 16,5 Stunden und die Gesamtmasse, 828 Billionen Tonnen. Auch wurde klar, dass die beiden gebunden rotieren, sich also immer gegenseitig dieselbe Seite zeigen, doch die einzelnen Körper auflösen konnte auch das VLT nicht.

Von Mai bis November 2005 jedoch kam es zu einer Serie von »mutual events«, also gegenseitigen Bedeckungen der beiden Hälften Antiopes, bei denen die Gesamthelligkeit absinkt: Das kann man auch mit kleinen Teleskopen messen. Auf mehreren Kontinenten wurde fleissig beobachtet, und nun liegt das Ergebnis vor: Beide Teile Antiopes sind Ellipsoide, die 93,0 × 87,0 × 83,6 und 89,4 × 82,8 × 79,6 km messen und mithin um 7% von der Kugelgestalt abweichen. Interessanterweise haben sie genau die Formen, die – wie schon E. Roche 1849 berechnet hat – flüssige Körper einnehmen würden, die einander in geringem Abstand umkreisen. Natürlich handelt es sich bei Asteroid (90) um zwei Festkörper, aber sie sind offenbar Trümmerhaufen, die sich unter Gezeitenkräften auf dieselbe Weise umarrangieren. Ihre mittlere Dichte liegt bei nur 1,25 g/cm, was bei einer angenommenen Zusammensetzung als gewöhnlicher Chondrit eine Porosität von 30% ergibt. Auch die präzise Vermessung des Doppelasteroiden erklärt übrigens nicht, wie er überhaupt entstanden ist: Plausible Mechanismen dafür sind im Asteroiden-Hauptgürtel kaum bekannt. Zu schnelle Rotation, bei der es einen hantelförmigen Körper zerriss, wäre eine Möglichkeit.

Daniel Fischer

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