Zeitungen und Zeitschriften berichteten ausführlich, Maler und Dichter wurden inspiriert, und wohl kein einzelner Meteor ist derart ausführlich dokumentiert worden – und doch ist ein himmlisches Spektakel über dem Osten der USA, das vor 150 Jahren am 20. Juli 1860 weithin beobachtet worden war, seither wieder völlig in Vergessenheit geraten. Erst als sich ein Physikprofessor der Texas State University kürzlich fragte, was der Poet Walt Whitman in seinem astronomiereichen Gedicht »Year of Meteors (1859-60)« wohl mit einer »strange huge meteor procession« gemeint haben könnte, wurden die damaligen Vorgänge Schritt für Schritt wieder sichtbar.
Unter einer »Meteor-Prozession« ist demnach ein bisher nur 1783, 1860 und 1913 dokumentiertes Phänomen zu verstehen, bei dem ein Meteoroid die Erdatmosphäre nur streift und dann wieder in den Weltraum verschwindet – aber während seines atmosphärisch-leuchtenden Fluges in mehrere Fragmente zerbricht, die dann hintereinander auf derselben Bahn über den Himmel ziehen. Erdstreifende Meteore sind überdies besonders langsam, so dass diese »Prozession« bis zu einer halben Minute dauern kann anstatt der üblichen paar Sekunden: Das macht sie zu einem atemberaubenden Erlebnis. Wie der schon öfters in solcher »Astro-Forensik« tätige Donald Olson und Mitarbeiter bald heraus fanden, war die von Whitman beschriebene Meteor-Prozession auch vom bekannten Landschaftsmaler Frederic Church festgehalten worden, der sie wohl – wie Whitman – aus dem Staat New York heraus selbst gesehen hatte. Weitere ähnliche Darstellungen sind auch in damaligen Zeitungen zu finden, die auch hunderte von Augenzeugenberichten abdruckten. Pünktlich zum 150. Jahrestag des »größten Meteors aller Zeiten«, wie damals der Scientific American geschwärmt hatte, kann nun daran erinnert werden.
Daniel Fischer
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