Europa hat einen zweiten Mars-Orbiter. Und vielleicht einen Lander

Ein starkes Funksignal des ExoMars Trace Gas Orbiter auf einem Bildschirm im ESOC nach dem erfolgreichen Einschuss in den Mars-Orbit. [ESA Operations]

Völlig problemlos ist der Trace Gas Orbiter des ExoMars-Projekts der ESA und Russlands heute in eine elliptische Umlaufbahn um den Mars eingetreten – und der mitgeführte Lande-Demonstrator Schiaparelli hat mehrere Phasen des Abstiegs durch die Atmosphäre absolviert, verstummte aber noch vor dem Aufsetzen: Sein Schicksal blieb zunächst ungeklärt.

Insgesamt 139 Minuten brannte das Haupttriebwerk des TGO und schaltete sich selbstständig aus, als genügend Geschwindigkeit abgebaut war: Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Orbiter für die Erde hinter dem Mars, so dass das Ende des Manövers nicht mehr direkt verfolgt werden konnte. Erst als der TGO pünktlich wieder auftauchte und sich sofort mit einem starken Signal meldete (Bild), war klar, dass der Mars einen zweiten europäischen – und insgesamt sechsten – operativen Orbiter bekommen hatte. Die erste Berechnung der Umlaufbahn ergab eine Umlaufszeit von etwas mehr als 4 Tagen, im Rahmen der Erwartungen. Der wichtigste Schritt der Gesamtmission war also ein voller Erfolg, auch wenn die systematischen Marsbeobachtungen nach mühsamer Reduzierung der Ellipse per sanfter Reibung an der Mars-Atmosphären erst Ende nächsten Jahres beginnen können: Näheres wird im Hauptartikel der aktuellen Ausgabe von Abenteuer Astronomie beschrieben.

Der Landedemonstrator Schiaparelli war eher eine Zugabe und in jeder Beziehung ein Experiment: Das begann schon mit der Echtzeit-Beobachtung seines Funkträgers durch ein Feld großer Radioteleskope in Indien, die tatsächlich ein klares Signal sahen und auch dessen charakteristische Veränderungen beim Eintritt in die Atmosphäre. So verschwand der Träger gleich zu Beginn, als heißes Plasma den Lander in seiner Schutzkapsel einhüllte, kam dann wieder, und auch das Auslösen des Fallschirms war durch einen kleinen Frequenz-Sprung deutlich sichtbar. Doch dann – nicht offiziell bestätigten Informationen aus dem ESOC zufolge unmittelbar nach dem Abwurf des Fallschirms und ungefähr bei der Zündung des Landetriebwerks – verschwand der Funkträger urplötzlich für die indischen Teleskope. Und im selben Moment auch für den anderen europäischen Marsorbiter Mars Express, der ihn quasi aus der Nähe aufgezeichnet und die Messungen nur Stunden später zur Erde geschickt hatte.

Jetzt wird auf die Übertragung einer umfangreicheren Aufzeichnung von Schiaparellis Signalen durch den Trace Gas Orbiter gewartet, die auch Telemetrie und damit Informationen über den Zustand Schiaparellis in den kritischen Minuten enthalten sollte: In der Nacht noch sollen sie ausgewertet werden, so dass auf einer Pressekonferenz am ESOC morgen um 10:00 MESZ Erkenntnisse über das Schicksal Schiaparellis zu erwarten sind. Zudem werden in den kommenden Tagen immer wieder unterschiedliche Marsorbiter nach Signalen des kurzlebigen Landers lauschen, der Mars Reconnaissance Orbiter der NASA kam bereits vorbei. Schiaparelli verfolgt(e) primär Ingenieur-Aspekte (wobei ein voller Erfolg nicht essentiell für die nächste ExoMars-Mission 2020 ist) und trägt nur wenig wissenschaftliche Nutzlast. Die einzigen – geplant waren 15 – Bilder seiner Abstiegskamera gehörten leider nicht zu der in Echtzeit gesendeten Telemetrie: Sie sollten erst nach dem Landung zu einem Orbiter und dann zur Erde gefunkt werden.

Daniel Fischer

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