Erster »Trojaner« der Erde entdeckt

Nach dem Jupiter mit fast 5000 bekannten Asteroiden in relativ konstantem Abstand auf derselben Bahn und Neptun und Mars mit jeweils einer Handvoll kann sich nun auch die Erde eines »Trojaners« rühmen, eines Kleinplaneten, der ihr auf ungefähr demselben Orbit um die Sonne ständig vorauseilt. Doch das trifft die Situation nur sehr ungenügend: Der etwa 300m große 2010 TK7 (über seine physischen Eigenschaften ist nichts bekannt, so dass sich eine Albedo von 10% und ein Durchmesser nur vage abschätzen lassen) hält sich keineswegs ständig in der Nähe des Lagrangepunktes 4 oder 5 in 60° orbitalem Abstand vom Planeten auf, wie es bei den Jupiter-Trojanern relativ gut der Fall ist. Vielmehr bewegt er sich im Laufe von 395 Jahren zwischen der Erde – der er aber nie näher als 20 Mio. km kommt – und fast dem ihr gegenüberliegenden Punkt (dem Lagrangepunkt 3) auf eine auch »Kaulquappen-Bahn« genannte Weise hin und her. Dabei beschreibt er komplizierte Schleifen auch in der dritten Dimension, da er eine Bahnneigung von 21° hat: Um diese zu verstehen, empfiehlt sich ein Blick auf die verlinkten Animationen.

Die Bahn von 2010 TK7 ist von Natur aus chaotisch und kann nur über etwa 250 Jahre präzise in Vergangenheit und Zukunft berechnet werden. Für langfristigere Analysen helfen nur Klone, Testasteroiden auf geringfügig variierten Bahnen: Die nächsten etwa 10000 Jahre sollte 2010 TK7 demnach auf seinen Schleifen zwischen L3, L4 und Erde bleiben, dann womöglich über L3 hinaus auf die der Erde folgende Seite schlüpfen, wo er vermutlich früher schon gewesen ist. Für die Raumfahrt ist 2010 TK7 kaum geeignet: Bei seiner Bahnneigung würde eine Reise zu ihm mehr Energie erfordern als zu vielen anderen erdnahen Kleinplaneten. Sicherlich gibt es noch mehr Erd-Trojaner, doch sie sind nur sehr schwer zu entdecken, weil sie sich meist in der Nähe der Sonne am Himmel aufhalten. 2010 TK7 konnte überhaupt nur – vom Infrarotsatelliten WISE – entdeckt werden, weil er eine so exotische Bahn hat. Derzeit hat er 21. Größe und ist damit im Prinzip für Amateurbeobachter zugänglich: Mehr Astrometrie würde helfen, seine seltsamen Bahnschleifen präziser zu vermessen und bessere Aussagen über sein Woher und Wohin zu machen.

Daniel Fischer

Originalarbeit und 3D-Animationen:
www.astro.uwo.ca/~wiegert/2010TK7
JPL-Pressemitteilung:
www.jpl.nasa.gov/news/news.cfm?release=2011-230
Beitrag von Amateurbeobachtern:
www.faulkes-telescope.com/news/2403
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