Einfang des Neptun-Monds Triton endlich geklärt?

Er ist der mit Abstand grösste Mond im Sonnensystem, der »falsch herum« um seinen Planeten läuft, und keine der gängigen Erklärungen für die Entstehung retrograder Mondsysteme wollte recht passen. Offensichlich musste dieser Mond – der selbst die Masse Plutos um 40% übersteigt – irgendwie eingefangen worden sein, als er am jungen Neptun vorbei kam, doch weder Reibung an einer damals ausgedehnteren Atmosphäre des Planeten noch die Kollision mit einem schon vorhandenen Mond noch andere postulierte Effekte überzeugen bei näherem Hinsehen (Morbidelli, Nature 441 [11.5.2006] 162-3). Aber jetzt machen Computersimulationen eine andere Lösung des Rätsels plausibel: Wenn der spätere Triton einst zusammen mit einem Begleiter aus ebenfalls der 1000-km-Klasse an den Neptun herantrat, dann ist ein Einfang eines der beiden ein relativ wahrscheinliches Ergebnis dieses Drei-Körper-Problems. Bei den mathematischen Versuchen von Agnor & Hamilton (ibid. 192-4) kam es in mindestens jedem achten Fall zu einem spontanen Einfang – und zwar ziemlich unabhängig von den genauen Umständen. So kann der Begleiter des Triton in spe sogar eine geringere Masse als dieser haben. Und angesichts der Häufigkeit von Binärsystemen im Sonnensystem (jeder neunte Körper im Kuiper-Gürtel hat einen Begleiter) gilt das neue Szenario als ziemlich überzeugend.

Auch die Achsneigung der Riesenplaneten könnte eine Erklärung gefunden haben, in einer anderen Computersimulationen: Es war immer ein Rätsel gewesen, warum die Rotationsachse des Uranus um gewaltige 98° gekippt ist, Saturn und Neptun mit 26° bzw. 28° immer noch erhebliche Schieflage besitzen, der Jupiter jedoch fast genau senkrecht steht. Alles eine direkte Folge der Bahnveränderungen der Riesenplaneten in der Frühphase des Sonnensystems, legen die Simulationen von Brunini (Nature 440 [27.4.2006] 1163-5) nahe: Während dieser Migration – einer unvermeidlichen Folge der Wechselwirkung mit dem Rest der Scheibe, aus der das Sonnensystem entstand – kam es vermutlich zu einer 1:2-Bahnresonanz von Jupiter und Saturn, d.h. der erstere lief genau zweimal in einem Saturnjahr um die Sonne. Diese Resonanz brachte vor allem die Exzentrizitäten der Planetenbahnen in Unordnung, was wiederum über Drehimpuls-Effekte zur Erhöhung der Bahnneigungen der kleineren Riesenplaneten führte. 30-mal liess Brunini das Sonnensystem sich entwickeln, mit unterschiedlichen Anfangsbedingungen – und erstaunliche 19-mal kam eine Konstellation der Achsneigungen heraus, die der tatsächlich beobachteten ziemlich nahekommt! Den früher postulierten (und ziemlich unwahrscheinlichen) gewaltigen Impakt, der die Uranus-Achse gekippt haben könnte, braucht man also nicht mehr: Eine enge Begegnung mit dem Saturn während der Migrations-Phase reichte vermutlich. Umgekehrt werden die Ergebnisse der Brunini-Simulation bereits als Bestätigung für die Realität der Migration gefeiert (Science vom 28.4.2006 S. 512-3): Diese Idee hat sich schliesslich erst vor wenigen Jahren durchgesetzt.

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