Die »Palomar-Transienten-Fabrik«

So funktioniert die „Palomar Transient Factory“, demonstriert mit der Entdeckung der Supernova 2009av. Links ein Summenbild mehrerer Aufnahmen einer unscheinbaren Galaxie vom 23.-27. Februar 2009, daneben das Bild am 28. Februar und die Differenz: Die noch schwache Supernova fällt – einem Computer – sofort auf; ganz rechts ist sie heller geworden. [Palomar Transient Factory/Dovi Poznanski, Berkeley Lab]
Wieder so ein astronomischer Fachausdruck ohne deutsches Gegenstück: Ein »transient« ist ein nur vorübergehend irgendwo am Himmel aufgetauchtes Phänomen, das leicht unentdeckt bleiben kann aber womöglich Ergebnis eines bedeutenden astrophysikalischen Vorganges ist. Novae und Supernovae sind typische Vertreter, und sie gehen nicht selten Amateurastronomen ins Netz, die systematisch den Himmel absuchen — mit erheblich größerer Energie tut dies jedoch die »Palomar Transient Factory«, ein ausgeklügeltes System aus Teleskopen des Palomar Observatory in Kalifornien, Computern und Datennetzwerken. Die berühmte Schmidtkamera der Sternwarte, das Samuel Oschin Telescope mit 48 Zoll Öffnung, mit dem die beiden Palomar Sky Surveys entstanden, tastet systematisch den Himmel mit einer 100-Megapixel-CCD-Kamera ab und schickt die rund 100 Gigabyte Daten pro Nacht über das High Performance Wireless Research and Education Network — eine Hochgeschwindigkeits-Mikrowellen-Strecke zum Internet — an das National Energy Scientific Computing Center.

Dort sind mehrere Computer damit beschäftigt, die Bilder mit Aufnahmen früherer Nächte zu vergleichen und — mittels künstlicher Intelligenz — vielversprechende Objekte herauszusieben, die entweder ihre Helligkeit oder ihren Ort verändert haben. Bereits Minuten nachdem solch eine Quelle dingfest gemacht ist, werden ihre Koordinaten und abgeleitete Anweisungen zur weiteren Beobachtung zum 60-Zoll-Teleskop des Palomar Observatory geschickt, das auf die schnelle Verfolgung neuer Entdeckungen spezialisiert ist, wie auch an andere Adressen eines größeren Netzwerks. Findet der Transient dort Gegenliebe, kann auch schon mal ein Teleskop der 8m- bis 10m-Klasse zum Einsatz kommen. In Zukunft wird dies alles immer weiter automatisiert, bis hin zur Festlegung, welche Transients besonders interessant sind. Schon jetzt wurden in der Testphase 40 Supernovae entdeckt und man stößt im Mittel alle 12 Minuten auf etwas Interessantes — darunter auch eine Reihe von Quellen, auf die sich die Astronomen noch keinen Reim machen können und die zur Zeit gerade mit größeren Teleskopen untersucht werden. Die »Zeit-Dimension« des Himmels auf Skalen von Minuten bis Monaten wurde bisher nur unzureichend erschlossen: Die »Palomar-Farbrik« gilt als wegweisend in diesem neuen Feld der astronomischen Beobachtung.

Daniel Fischer

LBNL-Pressemitteilung: newscenter.lbl.gov/press-releases/2009/06/15/nersc-helps-expose-cosmic-transients/
Daniel Fischer

Share
Published by
Daniel Fischer

Recent Posts

Astronomie im Winter: 3 schnelle Tipps, für die Beobachtung

Im Sommer wundervoll warm aber Astronomie im Winter eine Zumutung? Von wegen. Was Sie machen…

5 Jahren ago

Spix‘ Blick zum Mond: Hesiodus – Lichtspiele und Doppelwall

Die letzte Ausgabe des »Blicks zum Mond« ist noch einmal etwas für Frühaufsteher. Am 1.…

6 Jahren ago

Was ist eigentlich … 66?

Keine Sorge! Ich werde jetzt definitv nicht in irgendwelchen numerologischen Geheimnissen herumkramen und mich über…

6 Jahren ago

InSights Solarzellen offen – mehr Bilder

Nach der perfekten Landung von InSight auf dem Mars und dem Empfang des ersten Bildes…

6 Jahren ago

Eine Landung wie nach Drehbuch: InSight steht in der Elysium Planitia

Die Landung vom InSight auf dem Mars ist noch perfekter abgelaufen als erhofft. Nicht nur…

6 Jahren ago