CYGNSS: acht clevere Kleinsatelliten schauen ins Herz von Wirbelstürmen

Heute früh, Cape Canaveral: Die L-1011 "Stargazer" hebt ab mit der angeschnallten Pegasus-Flügelrakete und den 8 kleinen CYGNSS-Satelliten darin. [NASA-TV]

Ihr Start heute – auf einer geflügelten Rakete, abgeworfen von einem Trägerflugzeug – war nicht alltäglich, und ihre Arbeitsweise ist es auch nicht: Die 8 kleinen Satelliten des Cyclone Global Navigation Satellite System (CYGNSS) der NASA sollen die Funksignale der GPS-Navigationssatelliten zweckentfremden, um Windgeschwindigkeiten im Zentrum tropischer Wirbelstürme zu messen, die wiederum für die Prognose von deren Intensität und damit Gefährlichkeit entscheidend sind.

Der erste Startversuch war vor drei Tagen abgebrochen worden, weil die Hydraulik des Abwurfmechanismus streikte, dann wurde noch ein Software-Update fällig, aber heute ist alles glatt gegangen: In der Frühe machte sich die L-1011 „Stargazer“ – benannt nach dem ersten Raumschiff eines gewissen Jean-Luc Picard – mit angeschnallter Rakete von Cape Canaveral aus auf den Weg über den Atlantik, und eine Stunde später wurde die Pegasus ausgeklinkt. Fünf Sekunden danach zündete das Triebwerk der ersten Stufe, und keine Viertelstunde später waren die 8 CYGNSS-Satelliten in der Erdumlaufbahn ausgesetzt. Durch zeitweises Anstellen ihrer Solarzellen gegen den geringen Widerstand der oberen Erdatmosphäre sollen sie sich mit der Zeit gleichmäßig über ihre Bahn verteilen, alle 5000 km einer. CYGNSS ist eine preiswerte – alles zusammen kostet 157 Mio. $ – und originelle Lösung für ein drängendes meteorologisches Problem: Es geht um die Windgeschwindigkeit im Zentrum tropischer Wirbelstürme und Hurrikans, die bislang nur von Flugzeugen vor Ort aus zuverlässig gemessen werden kann, für die Vorhersage gerade der künftigen Entwicklung der Intensität so eines Sturms aber besonders wichtig ist.

Die Satelliten messen die Geschwindigkeit des Winds über die von ihm aufgerauhte See: Der Wellengang verändert das Streuverhalten für Radiowellen, je stärker desto mehr werden sie seitwärts abgelenkt. Für diese Wellen sorgen praktischerweise die Navigationssatelliten des Global Positioning Systems (GPS), die sowohl ununterbrochen wie mit besonders langen Wellen senden, die auch stärksten Regen durchdringen – Navigationsgeräte müssen schließlich bei jedem Wetter funktionieren – und nun den Satelliten die Wellenbeobachtung auch im Herzen von Tropenstürmen erlauben. Bei glatter Wasseroberfläche gäbe es nur einem scharfen („spekularen“) Reflex vom Funk eines bestimmten Satelliten zu sehen, Wellengang dagegen verursacht ein ausgedehntes Glitzern: Wann immer für einen der acht CYGNSSe die Geometrie zu einem der GPS-Satelliten passt, wird das reflektierte Signal mit seinem Delay Doppler Mapping Instrument (DDMI) beobachtet und mit dem direkt empfangenen verglichen, woraus sich dann die Windstärke berechnen lässt. Im Schnitt sollte jeder Punkt zwischen 35° nördlicher und südlicher Breite, wo die Stürme überwiegend auftreten, alle sieben Stunden erfasst werden: Bis zur Hurrikan-Saison 2017 soll die Konstellation einsatzbereit sein.

Daniel Fischer

LINKS:
Homepage des Projekts: https://www.nasa.gov/cygnss
CYGNSS-Broschüre: https://www.nasa.gov/sites/default/files/atoms/files/cygnss_np-2016-2-394-gsfc.pdf
Didaktisch gutes Briefing: https://www.youtube.com/watch?v=lXDBaQJI7-8
Video der Vorbereitungen: https://www.youtube.com/watch?v=tLWrZFA_wtY
Video des Starts: https://www.youtube.com/watch?v=Bla3RsVia9A

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