CoRoT übertrifft Erwartungen deutlich: Planeten von Erdmasse in Reichweite?

Erste Entdeckung – eines Heissen Jupiter – schon in der Testphase
Lichtkurve

Hatte man dem kleinen europäischen Photometriesatelliten vor dem Start lediglich die Entdeckung von Exoplaneten mit 2 bis 3 Erdmassen herab zugetraut (siehe auch die Titelgeschichte des aktuellen interstellarum), so hat er seine Erbauer schon nach ein paar Wochen Arbeit im Orbit eines Besseren belehrt. Die Helligkeitsmessungen mit seinen CCDs erweisen sich als wesentlich präziser als nach Labortests zu erwarten war: Die Lichtkurven der tausenden im ersten Himmelfeld überwachten Sterne sind von einer Rauscharmut, wie man sie bei Teleskopen auf der Erde nicht kennt. Das verspricht nicht nur erstklassige Asteroseismologie, also Erkenntnisse über Schwingungszustände ausgewählter Sterne und damit ihr Innenleben. Auch die Suche nach Durchgängen von Exoplaneten bei tausenden von Sternen wird erheblich verbessert.

Die erste Entdeckung (Bild) liess auch nicht lange auf sich warten: Hier zieht – alle 1,5 Tage – ein Planet mit 1,3 Jupitermassen vor seinem Stern her. Exoplanetenfunde mit dieser Transitmethode gelingen zwar auch immer wieder von der Erde aus (siehe kleiner Kasten), aber noch nie war eine Entdeckungslichtkurve dermassen sauber. Nun ist es aber allein anhand von Transitkurven unmöglich, die Masse des bedeckenden Körpers zu bestimmen: Planeten bis 0,8 Jupitermassen hinab, Braune Zwerge und massearme Sterne können alle genau denselben Durchmesser haben! (Erst unterhalb von 0,8 Jupiters sind Modellen zufolge Planeten unverwechselbar klein; nur Weisse Zwerge können da mithalten, fallen aber anderweitig auf.) Deswegen muss jeder Stern, bei dem CoRoT vielversprechende Transits sieht, von der Erde aus präzise spektroskopiert werden: Der Radialgeschwindigkeitseffekt durch die Schwerkraft des Begleiters verrät eindeutig dessen Masse (siehe is-Coverstory). Für diese Folgemessungen war eine ausgeklügelte Strategie entwickelt worden – aber als das internationale CoRoT-Team bei einem internen Workshop Mitte März in Paris die ersten Kandidaten zu Gesicht bekam, wurden alle Pläne über Bord geworfen.

Kein Exoplanet zu sehen …
45 nahe, junge Sterne sind mit einer besonders kontrastreichen Astrokamera aufgenommen worden, die eigentlich Exoplaneten in ein paar AU Abstand der Sterne hätte sehen müssen – aber nicht einer liess sich blicken. Dieses Nullresultat kann bereits Modellannahmen über die Bildung von Planetensystemen einschränken helfen.

»Die Daten waren noch fast Rohdaten«, erinnert sich Eike Günther von der Sternwarte Tautenburg: »Normalerweise sieht man bei Rohdaten nicht viel. Wir waren daher total überwältigt, wie hervorragend die Qualität dieser Daten war. Alle waren begeistert und überwältigt. Die jahrelange Arbeit hatte sich gelohnt.« Das Einhorn, in dem CoRoT seine Messungen begonnen hatte, würde bald in der Abenddämmerung versinken: Rasch war der Entschluss gefasst, umgehend zwei europäische Teleskope der 2-m-Klasse auf zwei Sterne mit besonders klaren Transits zu richten: Am 24. bzw. 26. März begannen der 1,93-m-Spiegel des Obs. Haute Provence und das 2-m-Universalteleskop in Tautenburg mit der Aufnahme vom Spektren der schon ziemlich tief stehenden Sterne. Es reichte gerade noch: Der Tautenburger Kandidat erwies sich als M-Stern (was noch seltener als ein Exoplanet ist; man kennt nur 13 M-Begleiter, die einen anderen Stern verfinstern). Und der französische ging als CoRoT-Exo-1b in die Annalen ein, der erste Planetenfund des kleinen Satelliten. Mit 1,8 Jupiterdurchmessern und 1,3 Jupitermassen ist er als solcher nichts Besonderes. Das Entscheidende ist vielmehr die Qualität der Transit-Lichtkurve – und das Wissen, dass das Rauschen bei vollständiger Datenreduktion noch fünfmal geringer sein sollte. Und deswegen erscheint es plötzlich denkbar, dass nicht erst der NASA-Konkurrent Kepler sondern schon CoRoT die ersten Exo-Erde (wenn auch mit einer Umlaufszeit deutlich unter einem Jahr) entdecken können müsste!

Ein unverschämt heisser Exoplanet: Verständnis der Atmosphären im Argen

Eigentlich dürfte er nur 1740 Kelvin warm sein, doch der Planet, der den Stern HD 149 026 umkreist, ist 2300±200 K heiss: Damit ist er nicht nur der heisseste bekannte Exoplanet (dessen Temperatur die der Oberflächen vieler Sterne übertrifft), sondern bringt die Exoplanetentheoretiker auch in arge Erklärungsnöte (Harrington et al., Nature Advance Publication 5863 vom 9.5.2007). Die Temperaturmessung gelang mit dem IR-Satelliten Spitzer bei 8 µm Wellenlänge: Der Satellit verfolgte den Abfall des Infrarotsignals, während der (Transit-)Planet hinter dem Stern verschwand. Selbst wenn er alle Strahlung dieses Sterns verschlucken würde (Albedo 0) und wie ein Schwarzer Körper wieder abstrahlte, dürfte er nur 1741 K haben. Stattdessen muss es die Atmosphäre irgendwie schaffen, alles einfallende Licht sofort wieder in den Weltraum abzustrahlen und dabei insbesondere keinerlei Wärme auf die Nachtseite zu transportieren. HD 149 026b ist mit schweren Elementen angereichert: Das könnte zu einer komplizierten Atmosphärenchemie führen.

Die erste grobe Temperaturkarte eines Exoplaneten
Nicht jeder Exoplanet ist wirklich einer!
Wenn man nur den Radialgeschwindigkeitseffekt aber keine Transits oder sonstigen Hinweise auf die Bahnneigung hat, lässt sich nur eine Massenuntergrenze des Begleiters angeben. An diese Binsenweisheit der Exoplanetologie, die gern manchmal vergessen wird, erinnert jetzt ein Fall, bei dem später Astrometrie zeigen konnte, dass die Bahnneigung eines vermeintlichen Exoplaneten gegen die Sichtlinie erheblich ist – und es sich in Wirklichkeit um einen kleinen Stern handelt!
Temeraturkarte

»Karte« ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck: Während der Transitplanet HD 189 733b gebunden um seinen Stern kreiste, massen Knutson et al. (Nature 447 [10.5.2007] 183-6) mit Spitzer die leichte Variation der IR-Strahlung je nach Stellung des Planeten relativ zum Stern. Sie kommt durch einen heissen Fleck auf der sternzugewandten Seite zustande, die eine Maximaltemperatur von 1210±10 K erreicht, aber auch die Rückseite hat noch 970±30 K, d.h. die Wärme wird in der ganzen Planetenatmosphäre effizient verteilt. Das erkennt man auch daran, dass der Hotspot um 30° in Länge gegenüber dem Substellarpunkt versetzt ist: Die heisse Luft wird von starken Winden rasch davongetragen. Aus der IR-Lichtkurve wurde eine höchst künstliche Wärmekarte des Planeten berechnet, bei der z.B. die Breitenausdehnung des heissen Flecks weitgehend Fantasie ist.

Daniel Fischer

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Daniel Fischer

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