Meldungen aus der Forschung

Chinesischer Satellit auf dem Weg zum Mond – mit europäischer Astro-Hardware

Eine Doppel-Premiere hat heute im Morgengrauen Ortszeit begonnen: Zum ersten Mal ist ein „Nachrichtensatellit“ auf dem Weg zum Mond, um Funkverbindung mit einem bald folgenden Lander auf der Mondrückseite halten zu können. Und an Bord dieses chinesischen Relaissatelliten namens Queqiao wie auch zweier kleiner Begleiter sind erstmals Antennen für radioastronomische Beobachtungen bei sehr großen Wellenlängen, die ‚hinter dem Mond‘ besonders wenig von der Erde gestört werden.

Der „Auftraggeber“ der Mission ist der chinesische Mondlander Chang’e-4, der als erster auf der erdabgewandten Seite des Mondes arbeiten soll und voraussichtlich Ende des Jahres startet: Queqiao – was ungefähr „Tschetschiao“ ausgesprochen wird, „Elstern-Brücke“ bedeutet und aus einer chinesischen Volkserzählung stammt – soll in einen ‚Halo-Orbit‘ um den Lagrangepunkt 2 des Erde-Mond-Systems gelangen, von wo aus er sowohl den Lander und seinen Rover als auch die Erde im Blick hat. Wie chinesischen Statusberichten zu entnehmen ist, hat der Einschuss in die Bahn zum Mond gut geklappt, an dem er in 4 bis 5 Tagen vorbei fliegen soll, um dann seine Bahnschleifen um den virtuellen Punkt ca. 70000 km ‚hinter dem Mond‘ zu beginnen. Die zwei Mikrosatelliten Longjiang-1 und -2, ebenfalls erfolgreich auf den Weg gebracht, sollen dagegen 300 x 9000 km hohe Ellipsenbahnen um den Mond selbst einnehmen. Alle drei Satelliten tragen Antennen für Radioastronomie bei sehr großen Wellenlängen: Das Antennentrio auf Queqiao – der Netherlands Chinese Low-Frequency Explorer (NCLE) – stammt aus den Niederlanden (und es war erst seit wenigen Wochen klar, dass es wirklich mit fliegen durfte), die Longjiang-Antennen sind chinesische.

Schematischer Aufbau des Satelliten Queqiao: Während die 4,2 m große Parabolantenne seiner eigentlichen Aufgabe, der Datenkommunikation Erde – Mondrückseite, dienen soll, sind die je 5 Meter langen Antennen vorne für die radioastronomischen Beobachtungen bei sehr großen Wellenlängen gedacht. [Chinesische Akademie der Wissenschaften]
Treibende Kraft hinter dem NCLE ist der an der Radboud University in Nijmegen arbeitende aber aus Deutschland stammende Radioastronom Heino Falcke, der schon seit 15 Jahren von langwelliger Radioastronomie auf dem Mond träumt, namentlich dessen Rückseite: ungestört von der Ionosphäre der Erde und allem Funk von deren Bewohnern. Erst kürzlich sorgte eine mögliche kosmologische Entdeckung in diesem Bereich des elektromagnetischen Spektrums für Aufregung (und wird seither kontrovers diskutiert), nun ist der erste Schritt Richtung Mond getan, auch wenn die Empfindlichkeit von NCLE noch gering ist. Neben Kosmologie stehen aber z.B. auch Emissionen aus der Milchstraße, Sonneneruptionen und Jupiters Radiostrahlung ebenso auf dem Beobachtungsprogramm – das sich natürlich den Funkrelais-Aufgaben unterordnen muss und frühestens im März 2019 beginnt – wie erste Versuche mit gesteigerter Winkelauflösung, indem die Longjiang-Antennen mit weiteren auf Chang’e-4 wie auf der Erde zusammen als Radiointerferometer eingesetzt werden. Amateurfunk-Sender tragen diese beiden Satelliten überdies und einer auch noch eine experimentelle Mini-Kamera aus Saudiarabien: Wenn alle ihre Aufgaben erfüllen, wird es um den Mond bald ziemlich lebendig.

LINKS:
Offizielle Erfolgsmeldung (chinesisch): https://mp.weixin.qq.com/s/DgstuyN4_txO_W1SeZtoow
Artikel zum Start: https://gbtimes.com/china-launches-queqiao-relay-satellite-to-support-change-4-lunar-far-side-landing-mission
Press Release von ASTRON: https://www.astron.nl/dutch-radio-antenna-depart-moon-chinese-mission-0
Vorbericht: http://www.sciencemag.org/news/2018/05/china-s-moon-mission-will-probe-cosmic-dark-ages
Der Amateurfunk-Aspekt: https://amsat-uk.org/2018/05/19/dslwp-satellites-lunar-orbit

Daniel Fischer

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Daniel Fischer

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